laut.de-Kritik

Atemlose Stille nach "Year Zero".

Review von

Wenn man der durchaus streitbaren Person Trent Reznor eines derzeit nicht vorwerfen kann, ist es Unproduktivität. Die Loslösung aus dem verhassten Universal-Vertrag mit der Remixplatte "Y34RZ3R0R3M1X3D" scheint im Nine Inch Nails-Frontmann eine kreative Hochphase eingeläutet zu haben. Und so erfreut sich der Fan bereits ein Jahr nach der Veröffentlichung von "Year Zero" an einem Instrumental-Epos.

Dass Reznor dabei den Online-Vertrieb über die Homepage ghosts.nin.com wählt, bevor die Platte als (wie auch immer gearteter) Import zu beziehen ist, wirkt bei Reznor kaum noch ungewöhnlich.

Und um seine Anhängerschaft auf das gesamte kostenpflichtige Paket so richtig scharf zu machen, gibt es die Tracks eins bis neun als kostenlosen Download mit einer Creative-Commons-Lizenz (mit der auch der Rest von "Ghosts" ausgestattet ist) zum gefahrlosen Weiterverbreiten.

Alle 36 Stücke der vier Teile nehmen sich durchaus interessant aus, auch wenn es selbst dem hart gesottenen Fan schwer fallen dürfte, die eine Stunde und 50 Minuten "Ghosts I-IV" am Stück durchzuhören.

Dabei ist die Musik nach NIN-Parametern nicht einmal übermäßig anstrengend, allein die Abwesenheit von Lyrics und der fast durchgehend synthetische Sound stellen den Hörer auf eine harte Probe.

Aber so will es der Trent ja. Wer sich dem Nine Inch Nerd hingibt, will nicht bedudelt, er will besudelt werden. Und das beherrscht kaum jemand so vortrefflich wie der Amerikaner.

Er taucht den "Ghosts"-Rezipienten bis über beide Ohren in seine mehr oder minder kranke Soundwelt, die sich über die ersten Tracks erst einmal langsam auftürmt, um bei den Stücken sieben und acht erstmals einzustürzen.

Dabei spielen NIN die Klaviatur des Soundhorrors äußerst gefühlsbetont und sehr kontrolliert, ausufernde Bitcrushing-Orgien bleiben auf "Ghosts" weitestgehend aus. Und immer wieder werden - wie bei Track neun - stimmungsvolle Pianostücke eingeschoben.

Doch auch eher ungewöhnliche Sounds gibt es zu hören. So wird Track 14 auf "Ghost II" von einer Art Steel-Gitarre getrieben.

Die Nummer 28 von "Ghost IV", eines der längsten Stücke, dominiert ein Instrument, das an eine Mandoline erinnert. Ansonsten bleiben die einzelnen Stücke eher skizzenhaft, was wohl der Herangehensweise geschuldet ist, da keine nachträgliche Überarbeitung der Tracks stattfand.

Insgesamt bekommt der Hörer über die volle Länge des Online-Albums das, was Reznor verspricht. Wo NIN drauf steht, ist auch NIN drin, ob es sich um ein Studioalbum mit wochenlanger Internetpromo vorweg handelt oder um einen unangekündigten, angeblich komplett impulsgetriebenen Super-Release.

Und so großartig verstörend "Ghosts I-IV" mitunter klingt, so sehr ist dem Industrial-Mastermind mal wieder eine Überraschung gelungen.

Trackliste

  1. 1. 1 Ghosts I
  2. 2. 2 Ghosts I
  3. 3. 3 Ghosts I
  4. 4. 4 Ghosts I
  5. 5. 5 Ghosts I
  6. 6. 6 Ghosts I
  7. 7. 7 Ghosts I
  8. 8. 8 Ghosts I
  9. 9. 9 Ghosts I
  10. 10. 10 Ghosts II
  11. 11. 11 Ghosts II
  12. 12. 12 Ghosts II
  13. 13. 13 Ghosts II
  14. 14. 14 Ghosts II
  15. 15. 15 Ghosts II
  16. 16. 16 Ghosts II
  17. 17. 17 Ghosts II
  18. 18. 18 Ghosts II
  19. 19. 19 Ghosts III
  20. 20. 20 Ghosts III
  21. 21. 21 Ghosts III
  22. 22. 22 Ghosts III
  23. 23. 23 Ghosts III
  24. 24. 24 Ghosts III
  25. 25. 25 Ghosts III
  26. 26. 26 Ghosts III
  27. 27. 27 Ghosts III
  28. 28. 28 Ghosts IV
  29. 29. 29 Ghosts IV
  30. 30. 30 Ghosts IV
  31. 31. 31 Ghosts IV
  32. 32. 32 Ghosts IV
  33. 33. 33 Ghosts IV
  34. 34. 34 Ghosts IV
  35. 35. 35 Ghosts IV
  36. 36. 36 Ghosts IV

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41 Kommentare

  • Vor 16 Jahren

    Hm, was mich mal wieder wundert ist die Diskrepanz zwischen Wertung und Text...

    Der Text klingt eher nach 4 Punkten, erstens gibt es außer der Skizzenhaftigkeit keine wirklichen Kritikpunkte(wobei im Text sogar gemutmaßt wird, dass die gewollt ist) und zweitens klingen Attribute wie "großartig verstörend" doch sehr positiv für 3 Punkte.

    Ich persönlich bin mir noch nicht sicher, aber meine persönliche Wertung liegt auch irgendwo zwischen 3 und 4 Punkten.

  • Vor 16 Jahren

    Die Wertung ist eigentlich relativ unbedeutend. Das ganze Album ist innherlalb von 10 Wochen entstanden unter Mitwirkung verschiedenster Interpreten. Wie Reznor selber sagt, ist es ein Album zum Tagträumen. Die ersten Klänge erinnern an Erik Satie, doch immer wieder unterbrechen geniale Bits und Elektroklänge die Ruhe und sorgen für eine enorme Spannung.
    Sicher, man kann das Album nicht unbedingt am Stück hören, aber auch wenn man zwischendurch hineinspielt, funktioniert die Idee des Tagträumens wunderbar. Eine eindeutige Kaufempfehlung, denn so etwas überrraschendes und unkonventionelles hat man schon länger nicht mehr von einem Künstler gehört!

  • Vor 16 Jahren

    yay du bist aber ein schlaues bürschen, aber ich muss ja nicht erwarten das jeder nerdwitze diesbezüglich versteht. nichdestotrotz: keine baustelle.

  • Vor 16 Jahren

    so kleines update... meine box ist heut gekommen, zoll musste ich keinen zahlen blieb also bei den 300 + 70 dollars
    lohnt es sich? ja auf jeden fall, sehr sehr edel!
    und wenn ichs doch mal bereuen sollte, kann ich das teil mit saftigem gewinn noch verhökern :)

  • Vor 9 Jahren

    Einfach ein geiles Werk, eines meiner Alltime Favourites. Meine Freundin wird aggressiv, wenn sie es hören muss, aber ich finde es einfach genial. Hab schon so viel Musik totgehört, aber mit Ghosts I-IV bin ich bisher extrem pflegsam umgegangen und hole es nur zu besonderen Anlässen raus. Wie seinen besten Wein aus dem Keller