laut.de-Kritik

Dudeln und Flöten, bis der Arzt kommt.

Review von

"Hey I've just taken a look at this record cover, I've just looked at the cover, I think it's obscene. This record is absolutely obscene, I'm not going to play this, you know. No I'm sure I'm not going to play this, thank you and goodbye."

Gut, okay, ganz so weit wie der nette DJ zu Beginn der guten alten "The Power Of Love"-Maxi wollen wir dann doch nicht gehen. Aber ganz ehrlich und unter uns: Selten so ein beknacktes Cover wie das für "Ô Filles De L'Eau" gesehen. Auf dieser mittelmäßigen Photoshop-Arbeit präsentiert sich Nolwenn Leroy als Meerjungfrau. Da schlagen die Herzen manch eines neunjährigen Kindes höher. Kitsch as Kitsch can.

Ja, ich weiß, es geht hier nicht um Gestaltung oder ähnliches. Im Mittelpunkt sollte immer noch die Musik stehen. Diese passt sich aber ganz wunderbar ihrem Umfeld an. Es darf gedudelt und geflötet werden, bis der Arzt kommt. Hand in Hand schwofen wir im Kreis hüpfend in den Sonnenuntergang. Mit der wahren Folklore, die uns hier vorgegaukelt werden soll, hat das Ergebnis so viel zu tun, wie Arielle mit einem Geschirrspülmittel.

In ihren guten Momenten funktioniert die Symbiose aus Bretagne und Franzosen-Pop noch halbwegs und bringt akzeptable Nummern wie den Schunkler "Davy Jones", das verträumt reduzierte "A La Vie A La Mort" oder den Cembalo-Walzer "J'Ai Volé Le Lit De La Mer" hervor. Wobei ich mich bei letzterem bereits ernsthaft frage, auf welchem Flohmarkt Leroy die veraltete Drum Machine gefunden hat, die Mylène Farmer für ihre ollen Schmachtfetzen Anfang der 1990er benutzte. Schon lange nicht mehr einen solch zopfigen Schlagzeugsound gehört.

Überhaupt gerät die Produktion von "Ô Filles De L'Eau" erschreckend gestrig. Sicher muss und sollte man nicht jedem Trend hinterher rennen. Doch anstatt "Limitless" in Sound und Gitarrenspiel an eine mittelprächtige Cher-Uptempo-Nummer der mittleren Neunziger anzulehnen, hätte man schon mehr herauskitzeln können. Manch ein Klang auf dem Nachfolger von "Bretonne" zieht einem glatt die Schühchen aus.

Zwischen den mit zunehmender Spieldauer immer deckungsgleicher anmutenden Balladen findet sich aber schließlich noch ein finaler Fehlgriff. Wie Céline Dions "My Heart Will Go On" setzt "Homeland" ohne abzubremsen gegen den Eisberg-Endgegner. Weiter entfernt von dem besungenen "wild romatic masterpiece" kann dieser Schlonz kaum sein und bleibt, zumindest auf "Ô Filles De L'Eau", in seiner schmerzhaften Seichtigigkeit unüberboten. Flitterkram aus der hintersten Ecke einer Brockenstube.

Den vier Vorgängeralben fügt Nolwenn Leroy mit "Ô Filles De L'Eau" nichts Neues hinzu. Nach dem Erfolg der Vorgängers bleibt sie unter dessen sicheren Schatten stehen. Überraschungen sind momentan aus. Aber, Moment! Eine letzte Bitte hätte ich doch noch: Für das nächste Cover wünsche ich mir Nolwenn als rosa Einhorn. Danke.

Trackliste

  1. 1. Davy Jones
  2. 2. Juste Pour Me Souvenir
  3. 3. Ophélia
  4. 4. Sixième Continent
  5. 5. Homeland
  6. 6. J'Ai Volé Le Lit De La Mer
  7. 7. A La Vie A La Mort
  8. 8. Aux Filles De L'Eau
  9. 9. Limitless
  10. 10. Ahès
  11. 11. Sur Mes Lèvres
  12. 12. Tout A Une Fin
  13. 13. D'émeraude

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