laut.de-Kritik
Willkommen zur Apokalypse.
Review von Sven Kabelitz"The planet is being destroyed all around us. Using money to try to address that problem is like shooting yourself in the foot. Evolve or parish, grow up or die. An entirely new level of human consciousness is needed right now or we're all dead. Mankind openly descends into a world of bloodshed without end. Dog-eat-dog until everything is killed and the last man is poisoned, having all the toys, and nearly nothing."
Willkommen zum Soundtrack zur Apokalypse, den die Nordic Giants mit ihrem Debüt "A Séance Of Dark Delusion" gerade noch rechtzeitig veröffentlichen, bevor der finale Vorhang fällt veröffentlichen. Die vier apokalyptischen Reiter haben bereits aufgesattelt und die zwei mysteriösen Briten Loki und Rôka erwarten sie mit schwärmerischen, nahezu unendlichen Soundscapes. Zerklüftet wie norwegische Fjorde, kalt wie der Morgenstern, klar wie der Tau.
Für "Evolve Or Perish" greifen sie auf Michael C. Rupperts zu Beginn zitierte Zeilen zurück und bilden um sie einen Klangorganismus von atemberaubender Schönheit. Was in seinen ersten Takten noch an "Sonic Reducer" von den Dead Boys erinnert, entwickelt sich schnell in eine gänzliche andere Richtung. Gläserne Synthesizer, schwärmerische Gitarren, ein verzerrt rumorendes Schlagzeug und unsagbar schöne Melodien fließen wie verschiedene Flussarme ineinander und werden eins. Dynamisch verweben die Nordic Giants Prog- und Post-Rock mit Ambient-Elementen und lassen eine elysische Landschaft entstehen. Im nächsten Moment drohen sie, diese rücksichtslos einzureißen. Nur um uns endlich um unsere Zukunft kämpfen zu sehen.
"When you believe you're already dead and you got nothing to live for, you fight better than you've ever fought in your life. When your back's to the wall that's the only time when humans actually choose to evolve. At the moment of death, at the moment when we face our destruction, that's when the greatest leaps in human consciousness and the leaps of human heart take place."
Dem orchestralen Pop von "Rapture" leiht Written In Waters-Frontfrau Beth Cannon ihre Stimme und erreicht dabei eine ähnliche Intensität wie Kate Bush. Ihre sich zu elfengleichen Chören aufschichtenden Vocals und die schleichend aufsteigenden Synthesizer kriechen unter die Haut, bis sie das Herz vor Sehnsucht zerbersten lassen.
Nordisch by Nature kühlen Loki und Rôka die Atmosphäre mit dem epischen "Illuminate" weiter ab. Von einem dramatisch eingesetzten Klavier geleitet und mit verzerrtem Schlagzeug unterlegt führen sphärische Chöre durch eine Welt aus Hall. Mit klickernden Beats und Nadine Wild-Palmers souliger Stimme nimmt das vor Kraft strotzende "Future Dark" den Weg zur düsteren Seele des Albums.
Gleißende Synthesizer-Blitze zerschlagen manch Harmonie, bevor sich die Nordic Giants wieder dem allgegenwärtigen Überschwang hingeben. Das instrumentale Epos "A Thousand Lost Dreams" bietet ein letztes schmerzendes Crescendo, eine emotionale Katharsis, die "A Séance of Dark Delusions" letztendlich vom Menschen befreit zurück lässt.
Dabei bleibt die größte Errungenschaft des ersten Longplayers der nordischen Riesen, dass er eben auch ganz ohne die eindrucksvolle visuelle Umsetzung der Liveauftritte funktioniert. Denn erst in der Verschmelzung der akustischen und visuellen Reize finden die Nordic Giants ihre Perfektion. Trotzdem erschaffen sie mit ihrem auf dem Qualitätslabel Kscope veröffentlichtes Debüt ein surreales, traumgleiches Gebilde. Weitestgehend instrumental gehalten balancieren sie auf "A Séance of Dark Delusions" eindrucksvoll zwischen Euphorie, Melancholie, Pein und unserem letzten Funken Hoffnung.
1 Kommentar mit 3 Antworten
hm nordic giants... sicher dass DAS keine Naziband ist?
Ganz sicher.
Live sind ausgesprochen gesellschaftskritische Kurzfilme bei den Jungs zu sehen. Teils verstörend - aber nie rechts oder irgendwie politisch-radikal. Gastsänger/innen verschiedenster Herkunft. Alles cool.
Da kann ich J.f.Sebastian nur zustimmen. Von Rassismus sind Nordic Giant wirklich ganz weit entfernt.
Wer die gelegenheit hat die Jungs mal live zu sehen, sollte diese auf jeden Fall wahr nehmen. Egal welche Musik man hört.