laut.de-Kritik

Straßenrap in seiner schlechtesten Form.

Review von

Olexeshs letzter Wurf sollte bis zu den Sternen gehen, landete aber leider nur kurz hinter der Darmstädter Vorstadt. Doch trotz der übergroßen Astronautenstiefel ließ sich "Ufos Überm Block" eines nicht vorwerfen: mangelnde Abwechslung.

Ganz anders betrachtet der Rapper seine Mission auf "Bratan". War das Ziel, eine möglichst homogene Masse zu präsentieren, hat er dieses vollauf erreicht. Siebzehn Mal serviert er dieselbe Mischung aus unspektakulären Beats, einer Handvoll generischer Straßenraplines und der immer gleichen Delivery.

Dabei scheint der Hauptprotagonist selbst am meisten von dieser Platte gelangweilt. Fernab jeder künstlerischer Inspiration rappt er seine Parts ein und singt hin und wieder eine Hook. Die schablonenhaften Texte vervollständigen den Anschein völliger Lustlosigkeit.

Die Titelliste liest sich, als hätte Olexij Kosarev alles aufgeschrieben, das eventuell mit der Marke Olexesh in Verbindung gebracht werden könnte. "Kalashnikov"? Check. "UdSSR"? Check. "Bratan"? Check. Viel mehr Konzept steckt hier nicht drin. Die Texte reihen bunt eine Belanglosigkeit an die andere, der standardisierte Straßenrapjargon wird nicht einmal durchbrochen. Es stellt sich die Frage, warum ein Veteran des Genres sich damit zufriedengibt. Klar, besonders clever waren seine Lyrics nie, herausstechend seine Songs selten. Aber hin und wieder zündeten sie doch mit ihrer überdrehten Mischung aus Sowjet-Ästhetik, kraftvoller Stimme und einem Gespür für eingängige Melodien. Dieser eine Hit, der ein Album zumindest nicht komplett egal werden lässt, fehlt "Bratan".

Die Platte beginnt mit "UdSSR" noch solide und geht mit verrauschten Synthelementen einigermaßen gut ins Ohr. Die Gesangsparts sind auch hier schon überflüssig, fügen sie doch kein sinnvolles Element zum Song hinzu. Aber gut, immerhin grummelt der Bass schön. Leider lässt sich das über weite Strecken des Albums nicht sagen, und da stellt sich dann stark die Frage nach dem Sinn: Wenn bei Olexesh nicht mal der Beat drückt, warum sollte sich das überhaupt jemand anhören? Trotz vermeintlich hochkarätiger Produzenten wie Jambeatz und M3 klingen die 17 Lieder größtenteils nach Resteverwertung aus der Rumpelkammer.

Nach zwei Dritteln der Spielzeit nimmt die Kombi aus "Etwas Werden" und "Weit Gebracht" etwas Tempo aus den Songs. In klassischer Von-der-Straße-zur-Skyline-Manier erzählt sie zunächst den große Traum des Straßenraps, um dann in Kombination mit Pajel den Sieg über diverse Feinde zu feiern. Mangels persönlicher Note fehlt diesem Text jeglicher Bezugspunkt. Warum sollen wir denn gerade Olexesh einen wie auch immer gearteten Sieg gönnen? Und gegen wen überhaupt?

Auch Featuregäste wie Celo & Abdi reißen das Ruder nicht herum. Der gemeinsame Track "TikTok" stellt eine Art Mahnung vor dem Realitätsverlust durch Social Media dar, verliert sich jedoch in seinem völlig inkohärenten Text. Die nervige Hook nebst den gelangweilten Lines der 385-Bosse vervollständigen das Bild eines lieblosen Pflichtstücks.

Genauso lässt "Natascha" ratlos zurück. Soll das Vocalsample eine melancholische Stimmung erzeugen? Sollen wir mit Natascha mitfühlen? Warum ergibt die Geschichte absolut keinen Sinn? Olexesh löst leider nichts auf, und mit jedem Durchlauf scheint es egaler.

Bezeichnend für diese Album ist es, dass die Single "Mama Ukraine Papa Russia" fehlt, ein in Anbetracht des Kriegs in der Ukraine entstandener Song, der die Perspektive Olexeshs als Kind beider Länder einfängt.

"Bratan" durchdringt eine schwer auszuhaltende Lustlosigkeit. Jede künstlerische Entscheidung scheint nach der Maxime eines möglichst glattgebügelten Produkts getroffen zu sein. Olexesh präsentiert Straßenrap in seiner schlechtesten, nämlich komplett belanglosen Form.

Trackliste

  1. 1. Kalashnikov
  2. 2. UdSSR
  3. 3. Durak
  4. 4. Natascha
  5. 5. Rosen Aus Beton
  6. 6. Katastrof
  7. 7. 100.000 feat. O.G.
  8. 8. Spiel 77
  9. 9. TikTok feat. Celo & Abdi
  10. 10. Auf'm Rücksitz feat. Gamora
  11. 11. Etwas Werden
  12. 12. Weit Gebracht feat. Pajel
  13. 13. OL
  14. 14. Bratan
  15. 15. Mach Der Strasse Kinder
  16. 16. Mondlicht
  17. 17. Codex feat. Hanybal, Ramo, Hemso, Ajé & Zined)

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Olexesh

Pleite sein ist scheiße. Das weiß Olexesh nur zu gut. Kampf und harte Arbeit sollen diese Zeiten jedoch bald der Vergangenheit angehören lassen, denn: …

3 Kommentare mit 3 Antworten

  • Vor einem Jahr

    Dem fällt seit masta aus 2015 nichts mehr ein und das hatte auch schon einige totalausfälle

    Olexesh ' größtes Problem, abgesehen von nervigem hook singsang, waren und sind einfach die Texte. Die sind schlecht. Immer. Egal ob als deplatzierter blödelbarde oder beinharter strassenschieber in der russenhocke. Das hat nie irgendeine Massage, macht niemals Sinn und lustig oder cool ist das auch nicht.

    Die Nummer vom wortkarg-harten russian-G mit eminem-stimmdruck ist auch schon lange vorbei dank dämlichen songs über arschkontrollen, pfützencocktails, random namedrops und sonstigen Unsinn. Der aktuelle Titel bratan spiegelt doch die ganze ideen- und planlosigkeit des Labels wider. Auch die Features mit celo, abdi und Hany sind entweder satt oder wie im Falle des letzteren leider schon lange über ihrem zenit. Aber wenigstens hatte Hany 2014 mit wvdf noch einen sure shot, der die damalige hochphase der azzlack-kultur 2010-2014/15 musikalisch perfektioniert auf den nassen Asphalt reflektierte.

    Olexesh eiert hingegen seit Jahren durch weitgehend unausgegorene Alben voll mit pipi-kacka Humor und sich ständig wiederholend nichtssagenden hohlphrasen

  • Vor einem Jahr

    Also bei aller Liebe, ich sehe das ein wenig anders. Mir hat das Album samt Auskopplungen sehr gut gefallen. Ich höre es immer noch täglich und fühle den "Bratan" Vibe sehr! Für mich ernsthaft ein Anwärter für das Album des Jahres. Gut, sind ja noch 6 Monate..