20. Juli 2018

"Wer ist Lil Peep? Geht es um Lil Pump?"

Interview geführt von

Onyx' Karriere bewegt sich beständig zwischen Auftritten in anspruchsvollen TV-Formaten und auf den Bühnen dieser Welt. Beim Out4Fame-Festival haben wir sie zum Interview getroffen.

25 Jahre nach dem Durchbruch mit "Bacdafucup" veröffentlichten Onyx Anfang des Jahres ihr siebtes Werk "Black Rock". Grund genug, sie beim Out4Fame-Festival zum Interview zu treffen. Im Umfeld der auf die alten Helden der Hip-Hop-Kultur spezialisierten Veranstaltung bewegen sich Fredro Starr und Sticky Fingaz praktisch in ihrer natürlichen Umgebung. Dank der tatkräftigen Mithilfe des Snowgoons-Frontmanns DJ Illegal, der das Duo bei ihren Auftritten live begleitet, treffen wir Onyx vor ihrem energiegeladenen Auftritt.

Während sich der traditionell ein wenig anarchistisch anmutende Sticky Fingaz kaum länger als zwei Minuten am Gespräch beteiligt, gibt Fredro Starr tiefenentspannt und reflektiert die Ruhe vor dem Sturm.

Welche Sicht habt ihr auf das Live-Geschäft?

Fredro Starr: Es gibt gutes und weniger gutes Publikum. Du weißt, dass du nicht jede Nacht deine beste Leistung abrufst. An manchen Abenden springst du aus dem Flugzeug und rennst auf die Bühne, an anderen Abenden kannst du es ruhiger angehen lassen. Aber das Wichtigste am Live-Geschäft ist, dass du dem Publikum das Gefühl vermittelst, Bestandteil von etwas zu sein. Wir lassen sie mit einer Erfahrung nach Hause gehen, an die sie sich erinnern können. Und gleichzeitig ist es für uns ein Geschäft. Es soll sicherstellen, dass wir in der Lage sind, unsere Familie von dem zu ernähren, was wir gerne tun. Die Hip-Hop-Live-Shows halten uns am Leben.

Ich habe euch zweimal live auf der Bühne gesehen. Einmal vor einem großen Festival-Publikum, einmal in einem kleinen Club. Dabei fand ich es sehr interessant, dass ihr unabhängig von der Publikumsgröße sehr energetisch performt.

Starr: Warten wir ab, wie es heute wird. Wenn nicht viele Leute kommen, verbuchen wir es als Übung. Du wirst dafür bezahlt, aufzutreten, ob da nun eine Person oder zwei Personen anwesend sind. Wenn der Veranstalter dich bezahlt, ist es deine Verpflichtung zu performen. Manche Veranstalter bewerben die Shows eben nicht richtig. In einem Vertrag sollte festgehalten werden, dass der Künstler nicht auftreten muss, wenn nicht eine bestimmte Anzahl von Menschen am Veranstaltungsort erscheinen. Es sollten schon in etwa so viele da sein wie erwartet. Aber scheiß drauf, solange wir unsere Brötchen damit verdienen, treten wir vor einer Person oder vor einer Million Menschen auf.

Vor einigen Monaten habt ihr euer neues Album "Black Rock" veröffentlicht. Warum war es so wichtig, ein weiteres Album zu veröffentlichen, anstatt sich auf Konzerte zu konzentrieren?

Sticky Fingaz: Das kann ich dir sagen. Du musst ein Album veröffentlichen, um Konzerte spielen zu können, wo du die Songs des Albums spielen kannst.

Starr: Warum nicht? Wir können doch beides machen. Wenn wir keine Konzerte spielen, sind wir zu Hause. Und wenn wir zu Hause sind, haben wir immer noch die Leidenschaft für die verdammte Musik. Seit 25 Jahren sind wir jetzt dabei und haben noch immer Leidenschaft für den Scheiß.

Bei den meisten Songs handelt es sich um Crossover-Tracks. Ihr habt allerdings auch einige softere Songs mit Optimus aufgenommen. Welche musikalische Vision stand dahinter?

Starr: Wir hatten sofort einen gemeinsamen Vibe und sind für einen Monat ins Studio gegangen. Was wir da aufgenommen haben, war direkt eingängig. Es erinnert an die alten Jazz-Sessions, dieser Zeitraum ließe sich niemals wiederholen. Optimus ist ein weißes Kind aus Kalifornien, aber er hat Soul. Es hat einfach Spaß gemacht, mit diesem Typen zusammenzuarbeiten. Optimus hat für einige Rock-Einflüsse gesorgt. Wir haben Songs wie "Judgement Night" und "Slam" gemacht und mögen dieses musikalische Genre. Wir stammen aus der Rock-Ära, der Run-DMC-Ära. "Black Rock" ist eine Huldigung dessen.

"Es gibt nur ein Problem, wenn ich meine Waffe nicht habe!"

Fredro, du hast mit "Firestarr 2" ebenfalls ein neues Soloalbum veröffentlicht. Was ist der Unterschied zwischen der Arbeit an einem Soloalbum und der Arbeit an "Black Rock"?

Starr: Ich denke, es fällt etwas persönlicher aus. Wir sind in erster Linie ja ohnehin Solokünstler. Die meisten Künstler in Gruppen sind auch als Solokünstler aktiv.

Ihr seid für euren energiegeladenen Stil bekannt. Was denkt ihr, wenn ihr euch die jungen Cloud-Rapper anhört?

Fingaz: Welche jungen? Cloud Rapper?

Starr: Nenne einen!

Naja, Rapper wie Lil Peep.

Fingaz: Bist du sicher, dass du den Namen richtig aussprichst?

Starr: Wer ist Lil Peep? Geht es um Lil Pump? Von Lil Peep habe ich noch nichts gehört. Es gibt bei Spotify über fünf Millionen Rapper mit dem Namen "Lil"! Ok, Spaß, aber man glaubt es hätten eine Milliarde Rapper die Bezeichnung "Lil" am Anfang ihres Namens. Ich habe aufgehört zu zählen: Lil B, Lil Jay, Lil Pump, Lil Weezy.

Welche jungen Rapper mögt ihr denn? Lil Pump kennt ihr also, was haltet ihr von ihm?

Starr: "Gucci Gang, Gucci Gang" ist cool für Kinder. Sie lieben diese Scheiße. Ich mag keinen dieser Motherfucker. Ich meine, lass die kleinen Kinder ruhig ihr Ding machen. Das interessiert mich nicht. Es ist wie beim Shopping, wo du in der Erwachsenenabteilung einkaufst. Du kaufst nicht in der Kinderabteilung ein, sondern in der Erwachsenenabteilung. Ich bin mit meiner Musik in der Erwachsenenabteilung und höre mir keine Kindermusik an.

Also glaubst du nicht, dass sie auch Erwachsene unter ihren Fans haben?

Starr: Das habe ich nicht gesagt. Es gibt auch einige junge Rapper, die mich mit ihrem Wissen über echten Hip-Hop beeindrucken. Ich nenne aber keine Namen (lacht) Ich füttere diese neuen Nigga nicht, aber es gibt ein paar Verdammte, die die Sache am Leben erhalten.

Fingaz: Was denkst du denn über die neuen Interviewer, die gerade im Game auftauchen? Was denkst du über sie?

Ich bin selbst noch neu dabei.

Starr: Oh Scheiße, du bist einer dieser neuen Nigga. Du bist der deutsche DJ Akademiks.

Fingaz: Dich findet man also in der Kinderabteilung?

Ich hoffe nicht.

Starr: Was denkst du über Typen, die ihre Fragen immer noch vom Papier ablesen?

Ist das in deinen Augen unprofessionell?

Starr: Es wäre beeindruckender, wenn du es ohne Papier machen würdest.

Fingaz: Hast du schon mal gesehen, dass Präsident Trump bei einer Rede ein verdammtes Papier hält?

Werdet ihr in Europa häufig auf die US-Regierung angesprochen?

Starr: Ich gehe nicht auf die Politik ein. Das machen wir beide nicht. Ich weiß nur, dass Amerika mit den Waffen und dem ganzen anderen verrückten Scheiß in einer abgefuckten Lage ist.

Fingaz: Es gibt nur ein Problem, wenn ich meine Waffe nicht habe!

Ihr tretet auf der ganzen Welt auf. Welche Bedeutung hat eure Heimatstadt New York noch für euch?

Fingaz: New York ist das Zentrum der Erde. Wir dominieren alles und stehen immer an der Spitze.

Starr: New York ist die ganze Welt in einem. Du kannst um die ganze Welt reisen oder einfach durch New York spazieren. Hier leben Afrikaner, Kroaten, Albaner, Jamaikaner, Italiener, Iren, alte Afroamerikaner, die weiße Leute bedienen, Hawaiianer und Puerto-Ricaner, die auch zu Amerika gehören, Mexikaner – wir haben einfach alles. New York City ist der Schmelztiegel.

Ihr habt eine große Fanbase in Russland. Wie ist es dazu gekommen?

Starr: Die Russen kochen gute Chicken Wings. Als ich das herausgefunden habe, wollte ich immer nach Russland zurückkehren.

Also mögt ihr Hühnchenflügel und die Russen ...

Starr: ... mögen uns.

Aber was glaubst du, ist so speziell an der Mentalität?

Starr: Die Russen sind sehr stolz. Sie lieben ihr Land und stellen das auch zur Schau. Russland ist ein mächtiges Land, ein schönes Land, ein Land mit Geld und eigener Unabhängigkeit. Und jeder Mensch, mit dem wir in Russland sprechen, fühlt so. Aber Onyx mögen sie, weil wir den Kampf repräsentieren. Als sie Anfang der 90er Jahre ihre Unabhängigkeit erlangten, erschien zum selben Zeitpunkt unser Album "Bacdafucup". Sie erinnern sich an damals. Das war die Musik, die sie gehört haben. Das war der Soundtrack ihrer Revolution. Also blieben wir ihnen treu. Wir repräsentieren die Unabhängigkeit Russlands.

Was haltet ihr von dem Bild, das die US-Medien von Russland zeichnen?

Starr: Russland und die USA haben immer Probleme miteinander. Deshalb benötigen wir immer ein Visum, wenn wir in Russland einreisen wollen. Ich denke, die USA und Russland werden schon eine Lösung finden. Du kannst ja auch mit jemand auf eine Party gehen, den du nicht magst und die ganze Nacht mit der Person im selben Raum verbringen. Wenn ihr euch hasst, macht jeder einfach sein eigenes Ding. Du kannst immer noch mit deinem Feind in einem Raum koexistieren. Also denke ich, Russland und Amerika mögen wie Feinde erscheinen, sie können aber im selben Raum nebeneinander existieren. Sie können auf derselben Party sein.

Lass uns zum Schluss noch über die Schauspielerei sprechen. In der Late-Night-Show von Seth Meyers erklärte Method Man, dass Rapper ideale Schauspieler abgeben, da sie sowieso immer lügen. Welche Meinung habt ihr dazu?

Starr: Wir lügen bereits seit unserer Kindheit. Wir wurden Schauspieler, weil es da, wo wir herkommen, üblich ist, etwas vorzuspielen. In der Hood schauspielern Nigga die ganze Zeit. Sie spielen dir vor, dass alles OK sei, auch wenn es das nicht ist. Wenn du kein Geld hast, musst du so tun, als hättest du etwas Geld. Du musst etwas vorspielen. So haben wir gelernt, gute Schauspieler zu werden.

Ihr habt in progressiven Fernsehserien wie "The Wire", "The Shield" oder "The Night of" mitgespielt. Wie wichtig ist es für euch, an herausfordernden Formaten mitzuwirken?

Starr: Sticky war in "The Shield" und "The Night of", ich war in "The Wire". Es ist nicht so einfach wie du denkst. Es ist richtig hart. Wir wurden bereits in jungen Jahren von Hollywood gesegnet. Dann haben wir eine Neubewertung der Situation vorgenommen. Und jetzt kehren wir zu Hollywoods Produzenten, Regisseuren und Drehbuchautoren zurück. Es ist einfach cool, in einer Branche zu sein, wo du etwas machen kannst, das du liebst. In TV-Serien und Filmen zu schauspielern ist cool und etwas, das ich für immer machen möchte. Ich meine, Morgan Freeman spielt ja auch noch. Du wirst älter und mit deinem Alter wachsen auch die Rollen. Früher spielten wir College-Kids und Rekruten, jetzt hochrangige Rollen wie Väter oder Polizeichefs, die seit 20 Jahren im Dienst stehen. Das ist einfach cool.

Könntet ihr euch vorstellen, Rollen anzunehmen, die weit entfernt von eurem realen Charakter liegen, etwa eine sehr softe Rolle?

Starr: Welche Herausforderung auch immer.

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