laut.de-Kritik
So hart wie Plüsch.
Review von Kai ButterweckFinnland ist schon ein faszinierendes Fleckchen Erde. Im Land der tausend Seen kapselt man sich gerne vom chaotischen Welttrubel ab. Ruhe und Gelassenheit bestimmen den Alltag von knapp sechs Millionen Einheimischen. Und geht doch mal unerwartet die Luzie ab, dann kippen sich die Finnen literweise eiskalten Wodka hinter die Binde.
Was dann folgt, ist mit Worten nur schwer zu beschreiben. Vielleicht so: Zwischen den Klängen von in Latex und Glibbergummi gegossenem Heavyrock und pumpendem Humppa-Foxtrott tanzen Männlein und Weiblein barfuß im Schnee.
Es gibt natürlich auch Finnen, die stattdessen andere Wege gehen. Marko Saaresto beispielsweise, seines Zeichens Sänger der finnischen 'Alternative'-Vorzeigekapelle Poets Of The Fall, versucht sich gerne am Brückenschlag zwischen eingängigem Pop und hartem Rock. Das funktionierte zu Beginn der Bandkarriere mitunter ganz gut.
Mittlerweile allerdings verlieren sich der Sänger und seine fünf Mitstreiter immer mehr in einem weichgespülten Strudel aus belanglosem Synthie-Schmalz und halbgaren Akzenten aus dem Rock-Bereich. Wie gerne würde ich mich nicht wieder gezwungen fühlen, einen Vergleich zu den beiden finnischen Grusel-Kollektiven The Rasmus und Sunrise Avenue ziehen zu müssen.
Aber die Jungs lassen mir mit ihrem neuen Album "Clearview" einfach keine andere Wahl. Wenn schmachtendes Liedgut à la "Children Of The Sun", "Center Stage" und "Crystalline" den Weg des geringsten Widerstandes geht und die vor langer Zeit einmal sprudelnde Rock-Quelle mit Allerwelts-Pop-Rotz verseucht, dann hüpfen die grinsenden Gesichter von Samu Haber und Lauri Ylönen vor dem geistigen Auge hin und her.
Vielleicht sollte sich Marko auch mal einen Kurzen genehmigen und danach mit einem Lordi/Eläkeläiset-Mix auf den Ohren halbnackt durch den nordischen Schnee tänzeln. Dann würden der Welt solch belanglose Wartezimmer-Soundtracks vielleicht erspart bleiben.
Das Sezieren weiterer "Clearview"-Leichen erspare ich mir. Nur so viel: Wer die Lust verspürt, mit einem leicht abgewandelten Haber-Organ und dem Background eines lieblos zusammengeschusterten Pop-Rock-Geschwürs in den Ohren auf Fahrstuhlmusik-Erlebnis-Tour zu gehen, der wird mit "Clearview" bestens bedient. Der Rest lässt die Finger davon.
3 Kommentare mit 2 Antworten
Ich habe die mal gehört ... schäm. War wegen Max Payne Soundtrack.
https://www.youtube.com/watch?v=ue3kfclhVCQ
Kann man auch heute noch sehr gut hören, sind ja auch stylistisch kaum anders als damals.
Hm - schade, dass es verrissen wird, nur weil die Musik nicht 'hart' genug ist. Ich wusste nicht, dass das Musikgenre bereits ein offizieller Kritikpunkt ist.
Die Diskrepanz zwischen Leser- und Redaktionswertung spricht Bände. Der einzige Schmutz hier ist der Rezensierende. Mal davon abgesehen, dass man ganze drei Absätze nur dafür verwendet abfällig über die Herkunft der Band zu schreiben. Liest sowas denn in der Redaktion niemand Probe bevor so ein Müll hochgeladen und veröffentlicht wird?