laut.de-Kritik
Party like it's 2010? Das 'neue' Material von Prince wirkt seltsam seelenlos.
Review von Kerstin KratochwillZurück in die Zukunft mit den Nachlassverwaltern oder –verschacherern von Prince, der 2016 verstarb: Nach einigen posthumen interessanten Veröffentlichungen wie "Originals" mit bislang unter Verschluss gehaltenen Originalversionen zu von ihm geschriebenen Hits von "Manic Monday" oder "Nothing Compares 2 U" oder "Piano & A Microphone 1983", auf dem man den Maestro allein und sehr intim am Klavier hören konnte, nun also ein bislang komplett unveröffentlichtes Album mit für uns neuen Songs.
"Welcome 2 America" stammt aus dem Jahr 2010 und befasst sich thematisch mit dem damaligen Zustand der USA, der irgendwie auch recht vorausschauend den heutigen mit all seinen Problemen wie Rassismus, Reality-TV-Wahnsinn und rüde Social-Media-Kultur spiegelt. Musikalisch äußerst cool mit viel reduziertem R'n'B, fröhlichem Funk, pointierten Hip Hop-Elementen und entspannt fließendem Neo-Soul sowie vielen weiblichen Vocals seines Trios Shelby J, Elisa Dease und Liv Warfield ausgestattet, nimmt der verstorbene Superstar hier tatsächlich prophetisch einige heute brennende Themen auf.
Lyrics wie "truth is a new minority" treffen auf "2 much in4mation" und spießen die Fake-News-Diskussionen auf. "Black Lives Matter" erscheint im Titelsong, in dem es heißt: "Land Of The Free / Home Of The Slave". Eindringliche Texte, eingängige Melodien, und doch, man hört das Album merkwürdig an einem vorbeifließen, denn es ist irgendwie nicht zu fassen und packt einen irgendwie dann auch nicht.
Vielleicht liegt es an der eigenartig glatten Produktion, die die Songs ins Archiv wandern ließen. Vielleicht vermisste der Perfektionist Prince das unperfekte Überraschende darin. Vielleicht sollte man sich beim Musikhören nicht mit solchen Spekulationen befassen. Vielleicht ist dieses Album ein ganz großes vages Vielleicht ...
Der Legende nach soll Prince in seinem sagenumwobenen "Vault", einem Tresor, zu dem nur er den Code kannte, Tausende von Songs gebunkert haben: So viel Material, dass wir nun jedes Jahr mit einem mehr oder weniger neuen Album rechnen können – bis ins 22. Jahrhundert hinein. Es existiert kein Testament, der Tresor wurde aufgebrochen und man hat stets das ungute Gefühl, hier einer Leichenfledderei beizuwohnen.
"Welcome 2 America" sollte 2011 erscheinen, doch aus bislang unbekannten Gründen wollte Prince das bereits fertiggestellte Album doch nicht veröffentlichen. Warum? Vielleicht, weil ein Künstler von zeitlosen Songs wie "Purple Rain", "Sign O' The Times" oder "When Doves Cry" ein steter Zweifler am eigenen Können bleibt, wie er selbst im Intro-Track fragt: "Do You Think Today's Music'll Last?"
3 Kommentare mit einer Antwort
Nur mal so am Rande, Kerstin Kratochwill: "Piano & A Microphone 1983" war keine `interessante´ Veröffentlichung - sondern mit dem Wissen um die kurz vor Prince Tod stattfindende "Piano & A Microphone Tour 2016" lediglich ein absolut freches, schäbiges, ärgerliches & unwürdiges Stück Geldmacherei. Das kann man echt nicht so abfeiern, hömma!
Aber auch beim Prince Estate lernt man - siehe die mittlerweile recht liebevolle Veröffentlichungspolitik - dazu. Auch wenn man an die posthumen Bowie-Veröffentlichungen zu keiner Zeit herankommt.
Gleichwohl: "Welcome 2 America" hat musikalisch wie textlich seine absoluten Höhepunkte. Und verdient locker 4 bis 5 Sterne...
Zum Glück (noch) keine Leichenfledderei wie etwa bei Michael Jackson, aber der ein oder andere Song hätte ruhig für immer im Vault bleiben können. Trotz allen ein überwiegend gutes Album.
Dieser Kommentar wurde vor 3 Jahren durch den Autor entfernt.
Komische Kritik. Viel drumherum geschrieben. Wohl vom gleichen Promotext, den auch der Kollege beim SPIEGEL genutzt hat. Aber recht wenig Info oder gar eigene Einschätzung zur Musik. Da hamma also ein paar Zeilen abgeliefert, und das war's dann. Diese Lektüre hätte ich mir auch sparen können.