laut.de-Kritik
Die Trauer um einen Hund mündet in seltsamen Gleichklang.
Review von Alexander CordasMan muss sie einfach mögen. Pure Reason Revolution schenkten der Welt 2007 mit "The Dark Third" ein wunderschönes Werk, das die Zeit auf jeden Fall überdauern wird. Nach der zwischenzeitlichen Auflösung musizieren die Engländer seit 2019 wieder unter ihrem philosophischen Namen und bewahrten ihr Vermächtnis mit Material, das zwar nicht ihr Debüt heran kam, aber doch erquicklich ausfiel.
Nachdem die Band auf "Eupnea" und "Above Cirrus" den Spagat zwischen eingängigen Stücken und krachigeren Sounds vollzog, lässt sie diese Dualität auf "Coming Up To Consciousness" hinter sich und vermengt beide Kontraste.
Das ist eigentlich auch der Hauptgrund - und es tut einem fast schon weh, es sagen zu müssen - für das bisher langweiligste Album ihrer Karriere. Um nicht falsch verstanden zu werden: Die acht Stücke des sechsten Studio-Outputs sind auf ihre Weise perfekt in Szene gesetzt, ganz okay produziert und gespielt. Aber ebendies findet auf einer Aufgeregtheits-Skala statt, die sich nahe an dem Pegel einpendelt, der den Albumtitel fast ad absurdum führt. Zu Bewusstsein kommen? Ja, ein wenig mehr klangliches Wachrütteln wäre an einigen Stellen gut gewesen.
Denn schon der Opener "Dig Till You Die" kracht so ins Gehör wie ein in Watte gepacktes Etwas. Sie sind wieder da, die floydschen Flächen, alles schwebt, wabert und fließt. Wo jedoch ehedem mal der Krach dem Schönklang in die Parade fuhr, herrscht heuer die nivellierte Nivellierung der klanglichen Egalness. Ecken, Kanten, Widerhaken? Nope, nope und noch mal nope. Wenn dann nach zwei Minuten mal etwas mehr Bewegung ins Spiel kommt, klingt dies wie das musikalische Äquivalent der Beschleunigung einer Solex.
Die Gesangsharmonien passen. Alles schön arrangiert und durchdacht. Es verwundert aber, warum die Rockigkeit zu Ungunsten der schöngeistigen Ebenmäßigkeit geopfert wurde. Würde das doch bei einem Teil des Albums gut funktionieren. Betrachtet man die Gesamtheit, mündet dies leider in einen Gleichklang, der einen allzu schnell auch gleichgültig zurück lässt.
Hinzu kommt, dass das gesangliche Talent der neuen Chanteuse Annicke Shireen (unter anderem Heilung) völlig vergeudet anmutet. Man höre sich nur einmal deren Solo-Output an. Da knarzt und wummert es, dass man Jon Courtney am liebsten am Schlafittchen packen würde: So geht das auch! Aber ne, sie darf sich in zweiter oder dritter Reihe in den Background stellen und den ohnehin schon immer geringer werdenden Anteil der weiblichen Vocals, den zuvor Chloe Alper bestritt, mit säuselnden Einlagen untermalen.
Laut eigener Aussage entstand das Album, nachdem Courtneys Hund über die Regenbogenbrücke gegangen war. Der Tod eines treuen Begleiters ist ein traumatisches Erlebnis, fürwahr. Man könnte deshalb aufwühlende Songs erwarten, aber nichts dergleichen bekommt man zu hören. Crippled Black Phoenix haben bewiesen, dass das bei genau dieser Thematik sehr wohl funktioniert. Einzig das relativ kurz gehaltene "Useless Animal" mit Shoegaze Anleihen überzeugt auf ganzer Linie, auch wenn man den Gitarren im Mittelteil einen viel prominenteren Part wünschen würde.
Man muss es aber noch einmal erwähnen, da es im Nachgang doch etwas arg negativ klingt: "Coming Up To Consciousness" ist kein schlechtes Album, hat aber das Pech, sich an Großtaten messen lassen zu müssen.
1 Kommentar mit einer Antwort
Während Above Cirrus bei mir nicht zünden wollte, ist für mich dieses Album eine sehr runde Sache. Ein Album, das sich sehr gut von Anfang bis Ende durchhören lässt und wie eine Einheit wirkt. Ja, anfangs dachte ich auch, dass (fast) alles zu seicht klingt und mehr rockige Parts wünschenswert gewesen wären. Jetzt nach dem zehnten Durchgang spielt das keine Rolle mehr (zumal Tracks wie Lifelesss Creature und Worship es doch krachen lassen), hier überzeugt einfach jedes Lied mit kleineren Spielereien im Sound und in Kombination mit tollen Harmonien.
Ah, sowas Ähnliches wollte ich gerade schreiben, stattdessen gibt es ein weniger eloquentes +1.