Porträt

laut.de-Biographie

Pure Reason Revolution

Reine Vernunft-Revolution? Wer denkt sich denn einen derart verquasten Bandnamen aus? Das können eigentlich nur Studenten sein. Richtig geraten. Die Findung des geeigneten Namens gestattet sich etwas schwierig. Nachdem The Wow sowie Pendulum Dawn nicht so richtig passen, werden sie jedoch fündig. Pure Reason Revolution kommt den Jungs und dem Mädel in den Sinn, als Sänger, Gitarrist und Keyboarder Jon Courtney im Zuge seiner Abschlussarbeit in Philosophie Kants "Kritik Der Reinen Vernunft" ("Critique Of Pure Reason") in Händen hält.

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Zusammen mit Bassistin Chloe Alper (Bass, Gesang), Bruder Andrew (Schlagzeug), James Dobson (Keyboards und Geige) sowie Gregory Jong (Gesang, Gitarre, Keyboards) hebt Jon die Band zwar bereits 2003 an der Londoner Westminster-Uni aus der Taufe, aber die Ursprünge reichen weiter zurück.

Allesamt sind sie in Reading aufgewachsen. Die Courtney-Brüder, Chloe Alper und Jim Dobson spielen in einer Band namens The Sunset Sound. Die Courtneys sind davor in der Gitarrenpop-Combo Gel aktiv, die für den Warner-Ableger Sire Records gesignt wurden. Chloe Alper hat eine kurze Karriere bei den Period Pains hinter sich, einer Punk-Band, die mit der Nummer "Spice Girls" und einer John Peel-Session Semi-Prominenz erlangt. The Sunset Sound nehmen die Single "Move" auf und rotieren damit sogar auf Steve Lamacqs Radio One.

Das war es aber auch schon für Sunset Sound, kurze Zeit später steht an der Uni das Line-Up der Revolution, die sich anschickt, das Erbe der Vorgängerband weiter zu tragen. Das da wäre? Hier kommen wir zum schwierigsten Teil der Geschichte. Der kreative Kosmos der Band speist sich aus den unterschiedlichsten Einflüssen. Spaciger Ambient-Sound trifft auf Led Zeppelin-Riffs, polyphone Beach Boys-Harmoniegesänge, Songstrukturen aus dem 70er-Prog sowie elektronische Bleeps und Blubber scharwenzeln um den guten alten Indierock.

Über all dem thront stets ein mehrstimmiger Chorgesang, der die in den Songs eingebetteten Harmonien besonders schön akzentuiert. Noch besser: Aus dem scheinbar wirren Cocktail entstehen absolut homogene, in sich schlüssige Kompositionen, die alles andere als zerfasert und bemüht klingen. Das Progressive-Element kommt hier jedoch nicht zum Vorschein, um spieltechnisches Können zu demonstrieren. Eher erlauben sich PRR, einem Gitarrenpopsong auch einmal mehr als die vom Formatradio diktierten dreieinhalb Minuten zu gewähren.

Nach ausgiebigen Proben und gemeinsamem Songwriting unterschreiben sie für einen Release bei Alan McGees Poptones. Jener zeichnet für die Gründung des einflussreichen Creation Labels verantwortlich und managte unter anderem The Jesus And Mary Chain. Auf seinem Imprint erscheint die Single "Apprentice Of The Universe", die sich fast in die Top Ten der Alternative-Charts schmuggelt und in den regulären Verkaufscharts immerhin auf der 74 landet.

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Pure Reason Revolution Coming Up To Consciousness
Die Trauer um einen Hund mündet in seltsamen Gleichklang.
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Im Herbst 2004 landen sie einen Vertriebs-Deal beim britischen Ableger von Sony/BMG. Über ihr eigenes Label Holograph erscheinen zwei weitere Singles und eine EP: "Bright Ambassadors Of Morning" (der Songtitel ist ein Zitat aus dem Pink Floyd-Klassiker "Echoes"), "The Intention Craft" sowie das mit vier Tracks bestückte "Cautionary Tales For The Brave". Die erscheint eigentlich nur, weil PRR mit dem Schreiben und Aufnehmen der Songs nicht so richtig in die Pötte kommen. Quasi als Überbrückung zum Release des Debüt-Albums.

Nach ein paar Festival-Gigs in den Staaten im März 2005 machen sie die britischen Clubs unsicher und spielen im Vorprogramm von Mew, Hope Of The States und Oceansize. Hernach steigt Gregory Jong aus, für ihn kommt Jamie Willcox. Kurze Zeit später, im April, steht dann endlich das von Paul Northfield (Rush, Porcupine Tree, Hole) produzierte Debüt "The Dark Third" in den Läden des Vereinigten Königreiches.

Thematisch dreht sich das Album um Schlaf und Träume: "Ein Drittel unseres Lebens verbringen wir im Schlaf, davon insgesamt etwa sechs Jahre mit Träumen. Ich war immer fasziniert von der Frage nach Deutung und Ursprung von Träumen und ziehe eine Menge Inspiration für Songtexte aus ihnen. Sind Wachheit und Schlaf wirklich so verschieden? Wachen und Träumen sind Produkte ein und desselben Gehirns und beeinflussen sich wechselseitig. Vielleicht ist Wachbewusstsein ja nur eine andere Form des Träumens", so Jon Courtney. Traumhaft schön ist dann auch, was hier auf über 60 Minuten zu einem Hörerlebnis kulminiert.

Die Interessierten auf dem Festland müssen sich wieder einmal lange gedulden, ehe sie in den Genuss dieses Meisterwerkes gelangen. Als es im Februar soweit ist, ist Andrew Courtney schon nicht mehr Teil der Band: Ende 2006 steigt er aus. Statt seiner vermöbelt nun Paul Glover die Felle. Kurz darauf schließen sich PRR dem Tourtross von Steven Wilsons und Aviv Geffens Blackfield an. Da ist die nächste Scheibe von PT ("Fear Of A Blank Planet") bereits im Kasten. Nach einem Abstecher in die USA lädt sie Wilson deshalb erneut ein, für ihn den Support der Europa-Tour zu bestreiten. In der Zwischenzeit sind PRR aber auch nicht faul und nehmen ihr zweites Album auf.

Der Name: "Amor Vincit Omnia" (Lat.: Liebe besiegt alles). Darauf zu hören sind neben den typischen PRR-Trademarks wie Harmoniechöre und überlange Songs auch verstärkt elektronische Elemente und balladeske Klänge. Auf Nummer sicher gehen die Engländer damit nicht, verfolgen dennoch ihre eigene Linie, das zu machen, wonach ihnen ist.

Kaum ein Jahr später schieben die Briten erneut ein Album nach. Stilistische pendelt "Hammer And Anvil" zwischen den beiden Vorgängern hin und her. Nach der Tour zum Album, die sie unter anderem durch Deutschland und Holland führt, erklärt die Band im August 2011 nach dem Release der "Valour"-EP, die sie zum kostenlosen Download anbieten, ihre Auflösung.

Chloe macht daraufhin solo weiter und schreibt mit Tom Bellamy (The Cooper Temple Clause) Songs. Für den Track "Juno", der im Film "Maniac" zu hören ist, steuert sie Vocals bei. 2015 gründet sie die Band Tiny Giant, mit der sie vier Singles aufnimmt. Daneben steht sie auch als Live-Gitarristin für andere Künstler auf der Bühne. Für Charli XCX bedient sie die sechs Saiten sogar beim Glastonbury-Festival 2015.

Im Oktober 2018 folgt dann die überraschende Ankündigung, dass PRR auf dem Midsummer Prog Festival 2019 im niederländischen Valkenburg auftreten. Ende 2019 dringt noch bessere Kunde für Fans der Band in die Welt: Chloe und Jon Courtney arbeiten zusammen an einem neuen Album von Pure Reason Revolution. "Eupnea" erscheint im April 2020, "Above Cirrus" folgt zwei Jahre später.

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Pure Reason Revolution - Eupnea: Album-Cover
  • Leserwertung: 5 Punkt
  • Redaktionswertung: 4 Punkte

2020 Eupnea

Kritik von Alexander Cordas

Epischer Prog trifft eingängigen Pop. (0 Kommentare)

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Live In Offenbach Die Engländer hatten mit Soundproblemen zu kämpfen.

Die Engländer hatten mit Soundproblemen zu kämpfen., Live In Offenbach | © laut.de (Fotograf: Alexander Cordas) Die Engländer hatten mit Soundproblemen zu kämpfen., Live In Offenbach | © laut.de (Fotograf: Alexander Cordas) Die Engländer hatten mit Soundproblemen zu kämpfen., Live In Offenbach | © laut.de (Fotograf: Alexander Cordas) Die Engländer hatten mit Soundproblemen zu kämpfen., Live In Offenbach | © laut.de (Fotograf: Alexander Cordas)

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