laut.de-Kritik

Hier braucht man keinen Joint, um high zu werden.

Review von

Fuzz, Wah-Wah, Black Sabbath, Wüstenrock – das sind die Zutaten, die Radio Moscow benötigen, um ihren "Magical Dirt" zu erschaffen. Dreckig und übernatürlich ist das Ergebnis tatsächlich. "Dreck" sicherlich nicht.

Ein Solo jagt das nächste, die Spuren wabern von links nach rechts, die leicht an David Lee Roth erinnernde Stimme Parker Griggs füllt dazwischenliegende Lücken. So generieren Radio Moscow einen beeindruckend fetten und vielschichtigen Sound, der um so mehr fasziniert, wenn man auf dem Rücken der CD gerade einmal drei Namen liest.

Wer jetzt denkt: "Okay, dafür hat wahrscheinlich jeder der drei zig verschiedene Instrumente eingespielt", irrt sich. Nur das Nötigste liegt "Magical Dirt" zugrunde: Paul Marrones Schlagwerk, mit dem er die perfekte Balance zwischen Wirbelwind und leichter Brise findet, Anthony Meiers Bass, der während den Griffbrettturnereien seines sechssaitigen Kollegen für ein monumentales Fundament sorgt und selbstverständlich Parker Griggs' Vocals und Gitarren. Als psychedelische Extrawurst serviert letzterer ab und zu noch ein paar nette Soundeffekte obendrein.

Die Produktion überzeugt auf ganzer Linie mit ihrem nostalgisch angehauchten Kiffer-Flair. Jimi Hendrix, Kyuss, ein bisschen Guru Guru (allerdings im Turbomodus) – wem diese Acts zusagen, sollte definitiv mal ein Ohr riskieren und wird sich vermutlich in den rauen, fuzzigen Retro-Sound verlieben. Aus dessen orgiastischem Sexleben mit einem Wah-Pedal entwickelt sich schnell ein flotter Dreier mit dem Hörerohr.

Mal geht es hemmungslos und dreckig im "Rancho Tehama Airport" zur Sache, in "Sweet Lil Thing" wähnt man sich im vom Latinatempel zum Cowgirl-Schuppen umfunktionierten Titty Twister, "Before It Burns" bringt gar orientalische Exotik ins schweißtreibende Spiel. Radio Moscows Tracks sind mindestens so sexy wie die der Rival Sons und kommen beim Stangentanz sogar verdammt nah an die Songbräute Led Zeppelins ran.

Im psychedelischen Sektor dürften ihnen jedoch deutlich mehr Geldscheine zufliegen als den beiden anderen. Bei Slide-Ekstasen wie "Sweet Lil Thing" oder dem rhythmisch entfernt an Focus' "Hocus Pocus" erinnernden "Bridges" braucht man keinen Joint, um high zu werden. Das knallbunte Cover hält definitiv, was es verspricht. Der abgebildete Pilz wuchert sicher nicht ohne Grund dort herum.

Stoner, Psychedelic, Rock'n'Roll, ein Schuss Heavy Metal – das alles auf höchstem Niveau und (meistens) in Up-Tempo zusammengepanscht. Mehr muss man eigentlich gar nicht zu "Magical Dirt" sagen. Wer noch Zweifel hat, sollte sich vielleicht einfach mal "Got The Time" zu Gemüte führen:

Wah-nwitziges Riff/Solo/Drum-Gewichse, in dem eine stoische, abgefuckt coole Bassline im Hintergrund alles zusammenhält. Anthony Meier schüttelt, hämmert und drischt hektisch mit seinen Percussionelementen um sich, Parker Griggs legt mehrere Rhythmus- und Sologitarrenspuren übereinander. Es quietscht, es feedbackt, es waht, es groovt. Dan Auerbach hat einmal mehr seinen guten Musikgeschmack bewiesen, als er Radio Moscow vor ein paar Jahren entdeckte.

Trackliste

  1. 1. So Alone
  2. 2. Rancho Tehama Airport
  3. 3. Death Of A Queen
  4. 4. Sweet Lil Thing
  5. 5. These Days
  6. 6. Bridges
  7. 7. Gypsy Fast Woman
  8. 8. Got The Time
  9. 9. Before It Burns
  10. 10. Stinging

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