laut.de-Kritik

Keinesfalls ein One-Album-Wonder!

Review von

Rae Sremmurd sind ein ganz spezielles Phänomen. Vor gut anderthalb Jahren auf der Bildfläche erschienen, enterten die beiden Brüder Swae Lee und Slim Jxmmi im Handumdrehen Tanzflächen und Radiosender in Übersee. Gefühlt landete die Hälfte der Songs ihres Debütalbums "SremmLife" in den Singlecharts, faktisch gingen fünf der elf Songs Platin. Potenzial dazu hätte wohl jeder einzelne gehabt. Das One-Hit-Wonder-Ding wäre somit also schon gegessen.

Wie siehts mit dem One-Album-Wonder aus? Mitnichten: "SremmLife 2" ist überlegter und zugleich facettenreicher als sein Vorgänger. Instant-Hits finden sich zwar fast genauso zahlreich. Allerdings mit dem feinen Unterschied, dass damit nicht zwingend Trapkracher gemeint sein müssen, sondern bestenfalls astreine Popsongs.

Der Start der Platte dagegen fällt noch erwartungsgemäß aus. "Start A Party" kracht nach sirenenartigem Intro mit voller Wucht in den Gehörgang. Hat eigentlich schon mal jemand den Crew-Namen rückwärts gelesen? Eardrummers-Chef Mike-Will-Made-It bestimmt mit seinen ungemein gewaltigen und basslastigen Beats die Marschrichtung, und Rae Sremmurd folgen unbeirrt. Slimm Jxmmi klingt zu Beginn des Albums fast wie besessen, sein jüngerer Brüder Swae Lee ist, wie so oft, mehr für die melodischen Parts zuständig.

"Look Alive" knüpft ebenso nahtlos an die 2015er-Hits an. Das Rezept ähnelt sich dabei stets: Tonnenschwere, besonders im Chorus dann doch immer wieder verspielte Instrumentale mit Plastik-Hauch liefern die Grundlage für die dermaßen unverkrampft wirkenden Songs. In Interviews erzählen Rae Sremmurd gerne, dass weite Teile ihrer Tracks auf Freestyle-Ideen basieren. Vielleicht liefert genau das den Grund dafür, wieso ihre Musik sich so weit weg wie nur möglich von Sperrigkeit und dergleichen bewegt.

Dazu kommen die prägnanten Stimmen der Brüder, die in hörerfreundlichem Maße Effektkuren erhalten und deswegen fast noch einen Tick jugendlicher klingen. Swae Lee hat sein Adlib-Game derweil insoweit upgesteppt, dass er es wahrscheinlich locker mit Young Thug aufnehmen könnte.

Zwischen den undefinierbaren Ausrufen legt aber Slim Jxmmi auf "SremmLife 2" den deutlicheren Qualitätssprung hin. Seine Parts wirken griffiger und mit mehr Elan eingerappt, nur selten verkommt er neben seinem kleinen Bruder zur Randfigur. Die beiden entwickeln sich auf Albumlänge gar zum vielleicht virtuosesten Tag-Team aus Übersee.

Auch die Gäste sind sinnvoll gewählt. Anstatt eine Armada an Gaststars engagieren, holen Rae Sremmurd sich nur spärlich, dafür aber umso pointierter Hilfe. Der derzeit inhaftierte Kodak Black flowt gewohnt stilsicher über "Real Chill". Gucci Mane macht seit seiner Haftentlassung sowieso alles richtig und ist auf "Black Beatles" Gast auf dem vielleicht besten Song der Platte. "Now That I Know" wiederum orientiert sich an Drake-esken Mustern: eigene Schwächen und Ängste so zu inszenieren, dass einerseits zwar merklich Tristesse aufkeimt, der Song an sich aber, und das gelingt nur wen wenigsten, trotzdem zum Hit wird.

Den letzten Höhepunkt von "SremmLife 2" markiert "Just Like Us", in Ansätzen vergleichbar mit den Abiball-Hymnen, die Wiz Khalifa in den letzten Jahren wie am Fließband produzierte. Ohne Mühe und mit noch weniger Fremdschamfaktor brechen Rae Sremmurd die Grenze zwischen Hip Hop und Pop auf, ohne den faden Beigeschmack zu erwecken, dass mehr Kalkül als künstlerische Intention dahinter steckt. Nicht umsonst ließ sich Anfang des Jahres sogar Beyoncé die "Formation"-Hook von Swae Lee maßschneidern. Wer sich vor Augen führt, dass Rae Sremmurd in den 2000er-Jahren musikalisch sozialisiert wurden, als Hits oft mehr wert waren als lyrischer Impact, dem erschließt sich die ach so triviale Kunst vielleicht ja doch noch.

Trackliste

  1. 1. Start A Party
  2. 2. Real Chill
  3. 3. By Chance
  4. 4. Look Alive
  5. 5. Black Beatles
  6. 6. Shake It Fast
  7. 7. Set The Roof
  8. 8. Came A Long Way
  9. 9. Now That I Know
  10. 10. Take It Or Leave It
  11. 11. Do Yoga
  12. 12. Over Here
  13. 13. Swang
  14. 14. Just Like Us

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2 Kommentare

  • Vor 7 Jahren

    freut aber verwundert mich doch ein bisschen die Bewertung (schon auf pitchfork). Sofern jetzt diese Songs hier nicht viel anders sind als die bisherigen (Album ungehört) sind sie ja doch eher trashig/plastik/poppig wie es in der Review hier auch steht. Hören tu ich sie gerne, den musikalischen Mehrwert sehe ich jetzt aber nicht gross.

  • Vor 7 Jahren

    Austauschbarer LilBowWow-Rap. Sogar ein 11-Jähriger erkennt das, Zitat "Sie hören sich an wie Jungs in meinem Alter:" https://m.youtube.com/watch?v=DPCJRzizFpw

    Wie bei jedem Selfmade-Mist ist auch das wieder eine beleidigende 4-Sterne-Bewertung für alle bisherigen Alben die eine 4-Sterne-Bewertung verdient haben. Was Schoolboy Q dazu wohl sagen würde, mit diesen beiden bewertungstechnisch auf einem Level zu stehen?