laut.de-Kritik
Je persönlicher und authentischer, desto aufgesetzter wirkt es.
Review von Philipp Kause"Lightbringer" von den Rival Sons ist stellenweise eine eruptiv laute Platte. Wie der Sänger der Band erklärt, habe schon der in denselben Sessions aufgenommene Vorgänger "Darkfighter" (Juni 2023) "Neuland betreten, 'Lightbringer' geht nun noch einen Schritt weiter und geht über die persönliche Innovation und Erkundung hinaus." - Wow, laut, lärmig, also gut fürs deutsche Massenpublikum, innovativ, also gut für die Fachpresse! Und dann noch eine persönliche Erkundung und sogar darüber hinaus, also gut für alle, die's 'authentisch' mögen: Da steckt ja die geballte Ladung Hit-Potenzial drin! Aber was heißt eigentlich "über die persönliche Innovation und Erkundung hinaus"? - Frontmann Jay Buchanan antwortet: "Es war eine Selbsterkundung, um herauszufinden, wer wir waren und wer wir nun sein werden.
So kafkaesk, wie er sich hier selbst widerspricht, so banal floskelhaft, wie er das Album kommentiert, genau so singt er auch. Er müht sich redlich ab, den verschiedensten Schattierungen der sechs Tracks und inneren Brüchen der Lieder gerecht zu werden, schon im Opener von Kastraten-Acapella und stiller Folk-Einlage in rabiaten Steppenwolf-Hawkwind-Turbo zu schalten.
Doch er klingt jedes Mal mittelmäßig und suggeriert stets 'ich reiße einen Baum aus, yeah, ich schaff das ganz allein, hehe, hoho! - oh hoppla, äh - nee, shit, hallo, helft mir, helft mir doch'. Die Selbsterkundung hat er offenbar nicht abgeschlossen, kläfft nach Kräften, aber beißt nicht richtig zu. Grundsätzlich hat das manchmal hell tönend Kläffende, mitunter verzweifelt Brüllende Buchanans im Kontrast zu dumpfen Bässen seinen Charme. In der Langstrecke wirkt es hilflos.
Die Musik zeigt sich insgesamt vielfältig und offen nach einigen Seiten. "Sweet Life" rockt stompend durch die Schattenseiten des süßen Lebens, "living in a permanent shadow". "Redemption" geriert sich ein bisschen zu künstlich als gewollte Modern Rock-Radioballade in zeternder Tonlage. Dieses Manierierte nervt. Außer man erwartet gar nicht das persönlich-authentische Brimborium und stellt außerdem keinen Originalitäts-Anspruch an Musik.
Knatternder Holter-die-Polter-Lärm löst auf dieser Scheibe regelmäßig leise Passagen ab. So holzschnittartig, dass es zur Masche wird und überdeutlich unterstreicht: Die Rival Sons trotten durch ein tiefes Tal und bäumen sich dann vehement gegen das Schicksal auf. Das Stadion-Geschepper "Before The Fire" zeigt sich dabei qualitativ als Dauer-Tiefpunkt mit dieser üblichen Anlehnung an U2, die man allzu oft antrifft. Obwohl die stimmungsvolle melancholische Melodie und die herzhaften Vorgaben des Schlagzeugers Mike Miley starke Ansätze liefern.
Gewiss verfügt "Lightbringer" auch über sehr schöne Seiten, und angesichts der Potenziale könnten es mehr sein. Die mitunter langen Headbanger-Instrumentalteile bewegen sich da ernsthaft auf den Spuren der Grateful Dead, der Song "Darkfighter" rührt im Mittelteil mit einer barocken Orgel-Sequenz Todd Ögrens an, in Anlehnung an Johann Sebastian Bach-Fan Jon Lord. Das gleißende, kathartische "Mercy" glänzt als perfektes Lied. Das Heavy-Druckvolle im Spiel der Sons reißt an vielen Stellen mit, auch wenn die Dramaturgien der Tracks nicht immer rundum gelingen.
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