laut.de-Kritik

Eine charismatischere Stimme gab es lange nicht.

Review von

Robert Finley ist der größte lebende Soulsänger – das findet zumindest Dan Auerbach (The Black Keys) und nahm ihn deswegen unter seine Fittiche. Auerbach schrieb für den 63-Jährigen zehn Stücke, besetzte sie hochkarätig und arrangierte sie im noblen Retro-Sound zwischen Blues, Northern Soul und ein wenig R'n'B.

Es ist ein bemerkenswerter Aufstieg, den Finley gerade hinlegt: Eigentlich hatte der in einem Gospel-Haushalt Aufgewachsene und jung von den vom Vater verbotenen Früchten des Blues Infizierte die Hoffnung auf eine professionelle Musikerkarriere längst beiseite gelegt. Nach Jahren als Musiker in der US-Army wurde er Tischler, machte nur noch nebenberuflich Musik. Als er den Beruf wegen seiner Erblindung aufgeben musste, entdeckt man ihn auf einem Festival, ein Ding ergibt das andere und Finley veröffentlicht 2015 sein Debütalbum "Age Don't Mean A Thing".

Jetzt nur keine Zeit verlieren: "Get It While You Can" stampft gleich ordentlich im amtlichen Jukebox-Blues-Rocksound nach vorne und eröffnet nur etwas mehr als ein Jahr nach dem Debüt gleich Longplayer Nummer Zwei. Hier treffen zwei Faktoren perfekt aufeinander: Finley ist ein grandioser Sänger und Geschichtenerzähler und Auerbach liefert gekonnt eine abwechslungsreiche Produktion. Soulstücke ("Medicine Woman") treffen auf Rock'n'Roll, die Gitarren twangen, die Bläser kratzen, die Backing-Vocals sitzen so richtig schön tiefverwurzelt im nördlichen Soul.

Finley glaubt man alles: den Schwermut, die Euphorie, die Bedrohlichkeit, die Altersweisheit sowieso. Und dann "If You Forget My Love", was für ein überschwängliches, tanzbares und zeitloses Soulstück! "Goin' Platinum" bleibt nie stehen, keine zwei Stücke, die aufeinander folgen, sind gleich. Nach dem zünftigen Blues "Three Jumpers" übernimmt das Klavier und Finley schlägt der Angebeteten zu weiblichen Backing-Ohs and Ahs vor: "Baby, let me stay tonight". Zwischen Country und Boogie bewegt sich dann "You Don't Have To Do Right".

Damit das alles nicht nur ansehnlich, sondern auch authentisch klingt, sorgte Auerbach auch für das passende Personal: die Memphis-Legenden Bobby Wood und Gene Chrisman sind am Start, die mit Elvis Presley, Aretha Franklin und Dusty Springfield Studioluft schnupperten. Das passt – und zwar wie angegossen. Als Songwriter nahm sich Auerbach noch Nick Lowe mit an Bord.

Finleys Stimme erzählt von einem rauen, langen Leben und man hängt an jeder ihrer Nuancen, glaubt ihr alles und ist erstaunt wie locker und leichtfüßig und gleichzeitig auch tonnenschwer sie durch die zehn Stücke führt. Ganz am Schluss treibt es Finley ins Falsetto. "I hope you never die / But if you have to die in paradise, my friend / You would always try to apologize / Then roll the dice again", singt er – und dann: "Now from these miles away / The spirits have their say / Night train is rolling by / Can't hardly hear me cry" – großartiger Schlusstrack.

Ob Robert Finley mit "Goin' Platinum" tatsächlich Platin einheimsen wird, bleibt abzuwarten. Verdient hätte er sich allemal.

Trackliste

  1. 1. Get It While You Can
  2. 2. Medicine Woman
  3. 3. If You Forget My Love
  4. 4. Three Jumpers
  5. 5. Honey, Let Me Stay the Night
  6. 6. You Don't Have to Do Right
  7. 7. Complications
  8. 8. Real Love Is Like Hard Time
  9. 9. Empty Arms
  10. 10. Holy Wine

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LAUT.DE-PORTRÄT Robert Finley

"Age Don't Mean A Thing" hieß das Debütalbum von Robert Finley, das der Sänger und Gitarrist 2016 über das Label Big Legal Mess Record veröffentlichte.

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