laut.de-Kritik

Das Pink auf dem Cover verfärbt sich schnell in Schamesröte.

Review von

Mit dieser Rezension habe ich die dreiköpfige deutsche EDM-Hydra erlegt: Nach Alle Farben und Felix Jaehn nun also Robin Schulz. Man kann sich nicht immer die Rosinen rauspicke, und seien wir mal ehrlich, ein ordentlicher Verriss macht am Ende des Tages doch Spaß. Ich gehe natürlich, wie bei jedem Künstler, unbefangen an die jeweilige Musik heran und gebe ihr eine faire Chance. Vielleicht küsst die Muse den guten Robin und er gibt sich mehr Mühe? Überrascht er mich sogar, so ganz 'auf lock', wie die Jugend anscheinend heutzutage zu sagen pflegt (ich habe das noch nie jemanden sagen hören)? Irrwitzigerweise gelingt ihm das, seinem neuesten Output hilft das trotzdem nicht.

Pink scheint indes die Farbe des Sommers zu sein, denn nach Lil Uzi Verts "Pink Tape" serviert uns der gebürtige Osnabrücker "Pink". Überbordende 17 Songs ergeben ein hartes sowie zähes Brot, bei dem jeglicher Belag nicht viel ändern würde.

Dabei erscheint Robin gar nicht so verkehrt. Seine Ansätze zeugen von einem gewissen Mindestmaß an Respekt vor der Musik, um sie sogleich mit dem nächsten billigen Piano oder debilen Gitarre mundtot zu prügeln. Wie bei "Smash My Heart", wenn er auf sein Herz "like a Piñata" einschlägt, oder beim etwas größeren Hit "Young Right Now", wo er zunächst mit leichtem Folk-Einschlag des israelischen Artists Dennis Lloyd kokettiert, um dann doch die Hörerschaft zu langweilen.

Generell beherbergen die Refrains auf "Pink" kaum Wörter, die Songtitel befinden sich im endlosen Loop. Das unaufgeregt lapidare "Killer Queen" mit Fil Bo Riva aka dem italienischen Henning May, das flirrende "On Repeat" mit dem unverwüstlichen David Guetta oder das lyrisch sehr biedere "Sweet Goodbye" zeugen von stupider Dreistigkeit. Auf "Sun Will Shine" opfert sich der schottische Singer-Songwriter Tom Walker für das dämlichste Thema: klassische Durchhalteparolen an schwierigen Tagen. Danke, brauch ich nicht.

Überraschende, gar lichte Momente versteckt Robin an zweieinhalb Stellen. Dort hatte ich Hoffnung, dass nicht aller Hopfen und Malz verloren sei. Zuerst die halbe, denn das sinistre "Break For You" hält sich vornehm bedeckt und gleitet gekonnt an den diversen Fettnäpfen vorbei, wäre da nicht die irrelevante Gesangsleistung samt austauschbarer Stimme. Das kühle "Echoes" überzeugt hingegen mit weichem Ambient und stark verzerrten Vocals im Hintergrund, das leicht kitschige Piano tut dem Gesamtkonzept keinen Abbruch. Das späte Highlight "Sight" lullt zu Beginn noch ein, schüttelt dann im Gewand des 90er Trance ordentlich durch. Die schweren Bässe poltern selbstbewusst und zeigen Robin von einer andere Seite. Nicht so stark leider der andere 90er-Verweis "Satellite", bei dem er die bpm-Anzahl dermaßen hoch geschraubt hat, dass es eher albern wirkt.

Vorhang auf für den finalen Akt, der die Blüte der gütlichen Chance im Handumdrehen verwelken lässt: Das groteske Zweigespann. Dieses Ungeziefer löst bei mir beinahe einen manischen Lachanfall aus, als meine Ohren zunächst "One With The Wolves" vernehmen. Kurz flackern alptraumhafte Assoziation der Amigos oder Andrea Berg im Intro auf, und im Refrain verfestigt das Klavier den Eindruck einer Mixtur aus Schlager und Modern Talking.

Beim zweiten ahne ich Böses und erfahre viel Schlimmeres: "Somewhere Over The Rainbow / What A Wonderful World" ist schlicht und ergreifend gottlos schlimm. Mit Partner in Crime Alle Farben (da isser ja wieder) ziehen sie die totgenudelte Ballade von Israel Kamakawiwo’ole durch ihren ehrenlosen EDM-Einheitsbrei, der die Aura eines Donau-Kreuzfahrtschiffes für Ü-70er versprüht, bei der alle bei einer Weißherbst-Schorle vergnügt vor sich hin schunkeln.

Dieser musikalische Mittelfinger ins Gesicht des guten Geschmacks hinterlässt bei mir nicht mal mehr Hass oder Wut, sondern pure Leere und Verwunderung ob seiner infamen Gleichförmigkeit. Ratlosigkeit, Kopfschütteln, Resignation. Das Pink auf dem Cover verfärbt sich in Schamesröte, wenn man solche Songs hört. Die Millionen von Spotify-Streams und großspurigen Welttourneen erkaufen sich Seele und künstlerischen Anspruch, sind wie ein Vampir, der die Produzenten und den DJ selbst blutleer zurück lässt.

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. Smash My Heart
  3. 3. No Drama
  4. 4. Young Right Now
  5. 5. Killer Queen
  6. 6. Sweet Goodbye
  7. 7. Echoes
  8. 8. Break For You
  9. 9. On Repeat
  10. 10. Die For You
  11. 11. One With The Wolves
  12. 12. Sun Will Shine
  13. 13. Memories
  14. 14. Satellite
  15. 15. Somewhere Over The Rainbow / What A Wonderful World
  16. 16. Sight
  17. 17. Waiting For The Sunshine

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4 Kommentare mit 8 Antworten

  • Vor 3 Monaten

    Mein Beileid. Sich Schulz, Jaehn und Alle Farben nacheinander zu geben wird einiges an Kaffee und Nerven erfordert haben.

    Ist schon beeindruckend dass sich unsere "Radiomacher" aus dem wirklich sehr breiten und tiefen Meer der deutschen elektronischen Musik so zielstrebig die langweiligsten Künstler angeln, die es dort gibt.

    Wobei ich mir von Alle Farben damals ein paar Tracks von Beatport gekauft habe, als diese ich nenne es mal melodische Deep House Nummer noch nicht so ganz bis zum erbrechen durchgenudelt war. Lang ist's her.

  • Vor 3 Monaten

    Verfolge seine Karriere seit Jahren und freue mich auf das neue Album.

  • Vor 3 Monaten

    Muse... Die Muse. Die Muße gibt es auch, ist hier aber falsch.

  • Vor 2 Monaten

    Die ersten vier Zeilen legen überzeugend dar, warum der sogenannte "Rezensent" eine völlige Fehlbesetzung ist. Selbst wenn die Mucke scheiße ist (was sie möglicherweise ist), wie wollen wir es rauskriegen aus dieser Rezension, wenn der Schreiberling mit der Intention reingeht, einen Verriss zu schreiben? Entweder stellt einen Experten ein, oder lasst die Rezension von EDM-Platten stecken - laut.de macht sich lächerlich.

    • Vor 2 Monaten

      Hättest den fünften Satz auch noch lesen sollen. Aber kann mensch wohl nicht erwartren von Robin Schulz Fanhörnchen.

    • Vor 2 Monaten

      Wahnsinns Return. Bist Du der Rezensent, naiv oder einfach dämlich? Ich gehe natürlich, wie bei jedem Forenmitglied, unbefangen an die Diskussion heran und gebe Dir eine faire Chance.

    • Vor 2 Monaten

      Bäm, auf Sack!

    • Vor 2 Monaten

      Die Äußerung einer Erwartung impliziert auch immer das Bewusstsein über den Bias. Kein Mensch kann etwas für die eigenen Vorurteile, dagegen hilft nur sich über diese im Klaren zu sein und andere darüber zu informieren. Disclaimer: ich habe erwartet, dass weitere Antworten von dir Müll sein werden und sehe mich in meiner Erwartung bestätigt.

    • Vor 2 Monaten

      Sehe das genau so wie Capslockftw. Offene Kommunikation ist der Schlüssel, um Konflikte zu Lösen. Nicht nur in einer Partnerschaft. Gerade wir Männer können hier einen ungemein großen Schritt machen, indem wir unsere Vorteile oder Schwächen vorab kommunizieren. AufSack, du wirst dich wundern, wie befreiend das ist und wie viel Liebe und Verständnis zurück kommen wird! Versuchs' doch einfach mal :).