laut.de-Kritik
Eine Ode an die Südstaaten.
Review von Giuliano BenassiAus dem großen Schatten ihres Vaters ist Rosanne Cash bereits 1981 mit ihrem Debütalbum getreten. Klar, sie trägt einen Nachnamen, der verpflichtet. Aber sie trägt ihn mit Stolz, denn immerhin hat sie ihn behalten, obwohl sie zweimal geheiratet hat.
Sowohl ihr verflossener als auch ihr aktueller Ehemann sind an diesem Album beteiligt. Insbesondere der zweite, John Leventhal, der nicht nur wie gewohnt die Produktion übernommen, sondern auch die meisten Instrumente eingespielt und die Stücke mitgeschrieben hat. Letztlich ist die Platte also ein Familienprodukt.
Nachdem Cashs vorgegangenes Album "The List" (2010) eine Neuinterpretation traditioneller US-amerikanischer Stücke war - die Liste stammte von ihrem Vater - setzt sie diesmal den Südstaaten ein Denkmal. Wie ein Fluss oder ein (roter) Faden verbindet das Thema die einzelnen Stücke, womit der Titel des Albums erklärt wäre.
"There's never any highway when you're looking for the past / The land becomes a memory and it happens way too fast", stellt Cash gleich zu Beginn in "A Feather's Not A Bird" klar. Es handelt sich also um Erinnerungen und Stimmungen, weniger als um eine Bestandsaufnahme.
Musikalisch geht es weniger mainstreamig zu als zuletzt gewohnt, vom Alt-Country sind Cash und Leventhal aber noch weit entfernt. Positiv ist zu bemerken, dass die Stücke nicht alle so lieblich arrangiert sind wie der Opener. "The Sunken Lands" bietet die Lässigkeit eines T Bone Burnetts, "Etta's Tune" fällt zärtlich, aber nicht schnulzig aus.
Nachdem der Country-Pop von "Modern Blue" und der zweiten Hälfte von "Tell Heaven" überstanden ist, folgen mit den wieder burnettesken "The Long Way Home und "World of Strange Design" zwei der besten Stücke. "Night School" klingt schon fast wie ein Wiegenlied, "50,000 Watts" wie eine Lagerfeuer-Hymne.
"When The Master Calls The Roll" wartet mit hochkarätigen Gästen auf, immerhin singen im Refrain die alten Haudegen Kris Kristofferson, John Prine, Tony Joe White sowie Ex-Mann Rodney Crowell mit. Leider gehört das Stück zu den eher klischeehaften. "Money Road" bietet einen eher nachdenklichen Abschluss.
Dass sich Rosanne Cashs Stil noch einmal ändern wird, ist nicht zu erwarten. Sie hat es auch nicht nötig, denn im Gegensatz zu ihrem Vater hat ihre Karriere keine Knicke erfahren. Im Gegenteil - die rothaarige Südstaaten-Dame ist auch erfolgreich als Kolumnistin und Buchautorin tätig und ist nun sogar beim ehemaligen, aber immer noch ehrwürdigen Jazzlabel Blue Note untergekommen. Eine bemerkenswerte Künstlerin, der ein paar Kanten mehr nach wie vor nicht schaden würden.
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