laut.de-Kritik
Rubbel die Katz!
Review von Dani Fromm"Katzen sind gut", befand Keanu Reeves in seiner Rolle als Dämonenjäger Constantine. "Halb diesseits, halb jenseits." Nicht nur halb, sondern zu einhundert Prozent jenseitig erscheint dagegen die Idee, ein ganzes Album aus Katzengeräuschen zu basteln. "A whole cat album? Damn!" Ja, verdammt, aber: "Somebody got to do it. So why not me?"
Die dazugehörige Geschichte: längst Legende. Einen Witz wollte El-P machen, als er zwischen diversen anderen, ähnlich abstrus anmutenden Angeboten eine Katzen-Remix-Version von "Run The Jewels 2" feil bot. Bloß, dass diesem Witz erst Beine, dann Pfoten und Schnurrhaare wuchsen. "Ich habe die Macht von Katzen im Internet unterschätzt", räumte El-Producto später im Interview mit Newsweek ein. Außerdem wohl das Ausmaß der Durchgeknalltheit der Run The Jewels-Fans: Die brachten via Kickstarter mühelos nicht nur die spaßeshalber veranschlagten 40.000, sondern satte 65.000 Dollar auf.
"Ihr habt es so gewollt", twitterte El-P in die Runde und castete fortan Miezen. Über Monate hinweg nahm das bekloppte Projekt Formen an. Die Liste der beteiligten Remixer haute einem final den Vogel raus, hätte den nicht längst die Katze gefressen: Unter anderem werfen Just Blaze, Zola Jesus, Prince Paul, The Alchemist, 3D von Massive Attack, Geoff Barrow von Portishead und Dan The Automator ihre Talente in den Ring. Bei dieser miauenden Demonstration epochalen Irrsinns möchte offenbar jeder mitmischen.
Am Freitag, stilecht in der Nacht auf Caturday, entließ El-P nun ein fauchendes, maunzendes, schnurrendes Remix-Biest in die Welt. Viel bescheuerter geht es wirklich nicht mehr. Eine im Hause Run The Jewels durchaus konsensfähige Feststellung: "Wir möchten unseren Freunden, Fans und Familien danken, die diese Platte ermöglicht haben", salutiert es aus dem Booklet. "Zusammen haben wir es geschafft, ein kleines bisschen Gutes zu tun, auf die dümmstmögliche Art und Weise." Das Cover spricht ganz unverblümt von einem "very silly album".
Das muss so stehen bleiben: El-P, Killer Mike und ihre illustren Mitstreiter greifen für "Meow The Jewels" tatsächlich einmal quer über die komplette Palette feliner Lautäußerungen. Vom zarten, beinahe schon melodischen Miau über samptpfötiges Maunzen und klagenden Katergesang hin zu grantigem Fauchen und zornigem Schrei darf mit, was die Katzenkehle hergibt, und darüber hinaus noch ein bisschen Schmatzen, Kratzen und ein, zwei klingelnde Halsband-Glöckchen.
Was für exzellente, unter die Haut und direkt ins Gebein fahrende Basslinien sich aus Schnurren destillieren lassen, zeigen insbesondere Geoff Barrow in (Obacht: Tracktitel für die Ewigkeit!) "Close Your Eyes And Meow To Fluff" oder Boots bei "Meowrly". Little Shalimar lässt das Geräusch gewordene Wohlbehagen in "Snug Again" fast wie einen startenden Motor klingen.
Während mancher die Mau- und Miau-Chöre nahezu unzensiert durchlässt, drehen andere Remixer dergestalt an den Reglern, dass man den tierischen Ursprung der zurecht geloopten Laute am Ende nur noch ahnt. Die Zähne und Krallen ihrer Diven behalten aber alle Tracks, genau wie die fiese Unberechenbarkeit der Pate stehenden Viecher.
Von der Rabenschwärze der "Pawfluffer Night" lässt das Massaker, das Zola Jesus anrichtet, bestenfalls einen Haufen Federn übrig: großartig. Blood Diamonds "Paw Due Respect" entfaltet zwischendurch fast fröhlichen Vibe. Mit "Creown" beweisen The Alchemist und 3D unabhängig voneinander, dass unterschiedliche Miezen ganz unterschiedliche Kratzwunden schlagen. "Soft kitty, warm kitty, little ball of fur"-Romantik bleibt natürlich trotzdem die Ausnahme. Hier begegnet man eher Hardcore-Pussys als den Aristocats.
Übrigens bekommen auch Fan-Katzen Feature-Parts: Zwei der Geldgeber erkauften sich die Option, Tonaufnahmen des eigenen Stubentigers auf "Meow The Jewels" unterzubringen. El-P verwurstet beide Muschis im Rahmen des einzigen Tracks, den er selbst remixte: "All Meow Life".
Logo entpuppt sich die Katzenmusik auf Albumlänge als schier unhörbar. Die Hingabe, mit der sich alle Beteiligten in das durch und durch wahnwitzige Unterfangen stürzen, wiegt die stellenweise erhebliche Nervigkeit aber doppelt und dreifach auf. Zumal "Meow The Jewels" für eine gute Sache maunzt:
Dem Gratisdownload (hier entlang!) wird, wie bei beiden beiden Run The Jewels-Alben zuvor, eine Vinyl-Edition folgen. Die Erlöse gehen zusammen mit den übrig gebliebenen Geldern aus der Crowdfunding-Kampagne sämtlich an Opfer von Polizeigewalt: ein Thema, mit dem sich El-P und Killer Mike seit Jahren immer wieder auseinandersetzen. "Wir tun mit etwas wirklich Dummem etwas wirklich Gutes", freute sich El-P darüber schon vor Monaten. "Was gibt es Besseres?"
2 Kommentare
Ey, falsches Cover!
Ansosten aber echt rollige Rezi
"Die brachten via Kickstarter mühelos nicht nur die spaßeshalber veranschlagten 40.000, sondern satte 65.000 Dollar auf."
Und die Geto Boys bekamen nicht mal 50k von den erwuenschten 100,000 zusammen. 1 Punkt fuer RTJ.