laut.de-Kritik
Ein talentierter Songwriter zwischen Seele und Kommerz.
Review von Giuliano BenassiDass schon existierende Musik eine unerschöpfliche Schatztruhe darstellt, wird einem jedes Mal wieder bewusst, wenn Coverversionen wie "Eternal Flame" oder "Wish You Were Here" bis zum Abwinken aus TV und Radio quillen. Originaltreu, abgewandelt oder nur inspiriert - der Griff zu Altbewährtem ist einfacher und birgt weniger Tücken als die Produktion von etwas komplett Neuem.
Das wird sich auch Ryan Adams gedacht haben, als es darum ging, den Nachfolger zu seinem hochgelobten Debüt "Heartbreaker" aufzunehmen. Ein talentierter Songwriter ist er zweifellos, bei Titeln wie "New York, New York" oder "Sylvia Plath" scheint ihm ein gesundes Selbstbewusstsein auch nicht zu fehlen. Beste Voraussetzungen also, um vielen gleich jungen Bands und Sängern in der zuletzt blühenden Folk-Rock-Richtung zu zeigen, wo es lang geht.
In der Tat hört sich "Gold" recht frisch und dynamisch an. Die Texte sind persönlich, selten kitschig, und scheinen tatsächlich gefühlt und nicht nur hingewischt zu sein. Die Aufnahmegefährten ergänzen sich gut und können auf einen großen Namen wie Benmont Tench (Tom Petty & The Heartbreakers) verweisen. Die Mischung aus schnelleren Nummern und Balladen ist griffig und lässt sich gut anhören.
Die Aufmerksamkeit der Medien und die Verkaufszahlen geben Adams wohl recht, dennoch bleibt bei genauerem Hinhören ein schaler Geschmack zurück. Gewiss, Rolling Stones, Bob Dylan, Neil Young, Billy Joel und viele mehr sind gut gemischt und mit einer Prise Country gewürzt, dennoch kommt aus den verschiedenen Elementen nicht jene Synthese zustande, die aus einer anständigen Platte ein Meisterwerk macht. So wie das Cover mit seiner umgedrehten US-Flagge eine offensichtliche Anlehnung an Bruce Springsteens "Born In The USA" ist, brechen immer wieder Riffs und Melodien ein, die nicht unbedingt notwendig gewesen wären. Ein paar Takte "Wild Horses" von den Stones und schon hat man den Anfang für "Nobody Girl;" etwas "The Joker" von der Steve Miller Band et voilá, "Answering Bell." Der Gedanke 'ah, das kenne ich doch schon' lenkt von der eigentlichen Musik ab.
Gegen die Wiederverwendung von schon Vorhandenem ist nichts einzuwenden, selbst John Lennon meinte, dass er und Paul McCartney alles geklaut hätten. Jedoch waren sie clever genug, es richtig einzupacken, ihrem Talent freien Lauf zu lassen und einen gelungenen Kompromiss zwischen Seele und Kommerz zu finden. Was man sich in Zukunft von Ryan Adams auch wünschen darf.
1 Kommentar
Doch, die Aufnahme ist ein Meisterwerk. Man muss sich ein bisschen mehr darauf einlassen als es der Rezemsent tut. Vor allem mit der Erweiterungs-EP. In der Reihe der zahllos guten Ryam Adams-Aufnahmen gehört Gold in die vordere Reihe. Manche Künstler müssen froh sein, so viele Songs in dieser Qualität in ihrem ganzen Leben zu schreiben. Ryan Adams erledigt das auf einer Aufnahme!
Letztendlich schert aber auch eine schwache Rezension wenig …
Man bilde sich selbst ein Urteil!