laut.de-Kritik
Ein Flow und ein Beat, sie alle zu knechten.
Review von Yannik GölzIst es falsch, ein One-Trick-Pony zu sein? Grundsätzlich: Jein. Wer einen Sound effektiv und eingängig beherrscht, kann mit nur einer Formel ein knackiges Album basteln. Darauf muss er dann eben alle Kniffe und Ideen auskundschaften, die diese Formel so hergibt. Man kann es aber auch wie Samra machen, 22 verdammte Mal den haargenau gleichen Song aufnehmen und hoffen, dass eine gute Stimme schon über den Wulst an Rap-Klischees und Billo-Beats hinwegtäuscht. "Jibrail & Iblis" zeigt: Tut sie nicht.
Dass Samra nicht der facettenreichste MC auf Gottes Erden ist, zeichnete sich ja seit seinem ersten Auftritt in der Szene ab. Als Sidekick von Capital Bra und Bushido funktionierte er aber wunderbar, weil seine raubeinige Stimme und sein hohes Energielevel Texturunterschied für die anderen Rapper darstellten. Einen Part von ihm dazwischengrätschen wie auf dem bis heute immens stabilen "Für Euch Alle"? Zucker.
Auch die ersten Songs von ihm überzeugen noch. Nicht, dass er ein spektakulärer Texter wäre oder einen zweiten Flow aufgetrieben hätte, aber es funktioniert solide. Die Bilder mit der Kippe in der Nacht, die Brutalität seiner Weltsicht, die Unerbittlichkeit seiner Stimme: Samra hat das Charisma, ein großartiger Rapper zu sein, und ein Bushido hat gezeigt, dass man nicht wahnsinnig vielseitig sein muss, um das in die Albumlänge auszubreiten. "Jibrail & Iblis" schraubt aber kein effektives Album, sondern rammt Samras einen Sound so stumpf in den Boden, dass die Songs ab der Hälfte in ihrer Schablonenhaftigkeit wie eine Parodie ihrer selbst wirken.
Bestes Beispiel liefern da die Kippen: Die haben als Bild einmal stimmig gesessen, also erwähnt Samra sie hier auf jedem zweiten Song. Entweder ist das richtig dreistes Line-Recycling oder der lahmste Running-Gag der Welt. Generell bleiben seine Schilderungen von Lifestyle und Opulenz so banal und generisch, dass man nicht so recht schlau daraus wird, was nun eigentlich das Emotionale an ihnen sein soll.
Immer rappt er in diesem leidenden Tonfall darüber, dass er verschärfte Autos fährt, teure Uhren trägt, Designer-Klamotten kauft und mit schönen Frauen schläft. Dann kommt aber der Punkt, dass Gott ihm dafür vergeben soll, dann kommt der Punkt, dass er seine Eltern stolz machen will. Weder der Familienmensch noch der Mann Gottes Samra scheint mit diesem dekadenten Lebensstil so richtig glücklich zu sein.
Man möchte ihm am liebsten fragen: Wenn all dieser Reichtum nichts bedeutet, dich belastet und unglücklich macht, warum flext du ihn dann trotzdem bei jeder Gelegenheit vor den Hörern? Es führt vor allem zu echt bizarren Line-Konstellationen, zum Beispiel, wenn er auf dem R.I.P.-Track "Kobe Bryant" folgendes Juwel droppt: "Ich weiß, Gott ist groß und er hat es prophezeit / Vielleicht bin ich tot morgen, so wie Kobe Bryant / Kobe Bryant, luxuriöser Schlitten / Nachts im Hilton, geb' ihr Doggystyle von hinten."
Seine verwirrende Taktik, beim Hörer Mitleid und Neid gleichzeitig auszulösen, könnte man ja noch irgendwie übersehen, würde Samra seine großartige Stimme und seinen soliden Flow musikalisch gut ausspielen. Sein Vorbild scheint Bushido zu sein, der auch mit recht gleichförmigen Beats und einem Stil ganze Alben zu großem Erfolg auffüllte.
Leider hatten Bushidos Beats Feeling und geile, vielfältige Samples. Samra dagegen wird zu großen Teilen von einer Schießbudenfigur namens Lukas Piano produziert, dessen Mimosen-Klimper-Beats so austauschbar wie der Name ihres Producers sind. Jedes Mal kommt hier straight von YouTube klingendes "Sad Emotional Type Beat"-Klavier zu ein paar pseudo-atmoshärischen Ambient-Sounds, die in Sachen Schmalz wie die Primark-Version von Nightwish-Intros klingen.
Ein, zwei Mal mag man dieser Formel nicht böse sein, aber nach 22 Tracks hinterlässt "Jibrail & Iblis" Kopfschmerzen. Irgendwie ist es fast bezeichnend, das fast alle Tracks mit Capital Bra Highlights werden. Nicht weil der Bra ein so unglaublicher Rapper wäre, sondern allein dafür, dass ein bisschen Farbe und Abwechslung auf dieses Album fällt wie ein Regentropfen auf die Wüste. "365" gerät so als der emotionalste und ehrlichste Song der Platte, die sonst wenig bereit hält, das nicht eine mindere Version von eben diesem wäre.
Ist es falsch ein One-Trick-Pony zu sein? Nein. Aber man müsste sich eben die Mühe machen, seinen einen Trick auch zu erkunden. Samra hätte sicher mehr Ideen auf Lager gehabt, als dieses monotone Album es vermuten lässt. Leider zeigt er nichts davon.
14 Kommentare mit 5 Antworten
so unfassbar langweilig dieser sound.
Jeder Song entspricht akribisch der Spotify-Formel, Respekt. Außerdem ist die Hälfte doch eh schon bekannt. Album ist nichts weiter als eine lange Samra-Playlist, hier sollen lediglich noch die wenigen "echten Supporter" (sprich CD-, und Box-Käufer) abgefrühstückt werden. Glaube nicht, dass eine (nach klassischen Maßstäben) gute LP überhaupt beabsichtigt war.
"Dass Samra nicht der facettenreichste MC auf Gottes Erden ist, zeichnete sich ja seit seinem ersten Auftritt in der Szene ab."
Wenn er wüsste, das ihr so ein hergelaufenen möchtegernrapper als MC bezeichnet, würde MC HAmmer sich glat im GRabe umdrehen!
Kann diese Piano und Streicher Beats nicht mehr hören. Das klingt alles so lahm dabei wäre durchaus Potenzial da .. zumindest was die Delivery anbelangt. Inhaltlich stößt man natürlich schnell an die Grenzen.
schlecht? gut? gut? schlecht? intelligenzbefreit!
Ist das in dem Genre nicht gleichbedeutend mit "gut"?
Wenn er will, dann kann er was. Aber er muss nicht abliefern und deswegen wird das das Niveau von seiner Musik bleiben. Wenn man der Erwartungshaltung von Capi Fans entspricht, dann muss man sich als Künstler nicht weiterentwickeln.