laut.de-Kritik
Gibt es ein Leben nach den All Saints?
Review von Christine BarthNachdem das englische Parade-Pop-Quartett All Saints 2001 auseinander ging, versuchten zunächst die Appleton-Schwestern einen Alleingang, der allerdings wenig erfolgreich ausfiel. Nun will Shaznay Lewis auf ihrem Debüt beweisen, dass sie ohne Girl-Group-Power eine Pop-Platte wie aus dem Bilderbuch basteln kann. Schon zu Zeiten der Girl-Group war sie der kreative Kopf der Band und schrieb die meisten Songs selbst. Auch auf "Open" hat sie ihre eigenen Finger im Spiel.
Allein von Produzent Rick Nowels, der schon für Dido und Belinda Carlisle Songs geschrieben hat, lässt sie sich bei "Never Felt Like This Before" unter die Arme greifen. Ansonsten hat für sie höchste Priorität, nicht einfach nur nachzusingen, was einem andere vorlegen. Also die besten Voraussetzungen, um ein astreines Pop-Debüt auf die Beine zu stellen.
Shaznays Aussage, dass sie wie Bart Simpson klinge, wenn sie rappe, bestätigt das gut einminütigen Intro. Kein Grund, voreilige Schlüsse zu ziehen. Schon bei den nächsten Songs beweist sie, dass sie sowohl kraftvoll singen, gurren und ins Mikro schnurren kann. Diese Stimmbandbreite entfaltet sie bei ihren soulig angehauchten Stücken und bezirzt somit auf eleganteste Art und Weise.
Natürlich lebt die 28-Jährige nicht hinterm Mond und weiß, was die Kids von heute hören wollen. Die Rhythmen sind auf Tanzbarkeit geeicht und bewegen sich meist im Reggae-Bereich. "Mr Dawg" klingt stark dancehall-lastig, da macht sich Jamaika-Feeling breit. Funkiger wirds bei "Heart Made Me A Fool" mit prägnanten Bassläufen und einem frechen Saxophon. Hier ist kein Synthesizer am Werk, sondern gleich ein halbes Orchester. Nicht nur Standard-Instrumente wie Gitarren und Bass kommen bei diesem Song zum Einsatz, auch ein Klavier und eine Orgel fügen sich gekonnt in das Klangkonzept des jazzigen Tracks ein.
Auf diese exotische Reise folgt eine eingängige Ballade, die sehr wirkungsvoll von der rauchigen Stimme der Sängerin getragen ist. Leider zerstört ohrenbetäubendes Dauergehämmer dieses schöne Arrangement und macht mit ihm auch jede romantische Stimmung zunichte.
Schade, dass die rassige Sängerin nach gut der Hälfte der CD beginnt, zur Trantütigkeit zu neigen. Man bekommt den Eindruck, ihr habe es bei der Produktion am langen Atem gemangelt, ziemlich einfallslos leiern jetzt die Beats. Den Hörer übermannt der dringende Zwang, auf den Stop-Knopf zu drücken. Kann er sorglos machen, besser wird's nicht mehr.
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