laut.de-Kritik

Hucknall ist die Geister leid, die er selbst rief.

Review von

Eigentlich ist das ja alles eiapopaia, was der Herr Hucknall da fabriziert. Simply Red sind seit dem gefühlten Pleistozän untrennbar mit dem Namen des rotschöpfigen Sängers verbunden. Ohne Hucknall kein Simply Red. So einfach ist das. Eigentlich. Der Mann mit der Ausnahmestimme legt mit vorliegendem Output nämlich die Karriere der Band ad acta.

Der Jokus an der Geschichte: Er macht solo weiter. Und zwar- obacht! - mit derselben Begleitband, nur eben unter seinem eigenen Namen. Als ob der Name Simply Red dermaßen musikalisch verseucht wäre, dass nur ein vollständiges Begräbnis die Dämonen austreibt, so dass er mit neuen Ideen und neuem Sound weitermachen kann. Hucknall ist die Geister leid, die er selbst rief. Im Interviewteil der vorliegenden Disc fabuliert er über seine Songs als 'Monster', mit denen ihn eine innige Hassliebe verbinde.

Man kann über die Musik ablästern, keine Frage. Aber eines muss man dem Engländer lassen. Wenn in den vergangenen 25 Jahren jemand das Wort Mainstream geschickt musikalisch buchstabiert hat, dann der Manchester United-Fan. Von "Picture Book" über "Stars" bis zum Finalen Endpunkt in Sydney, Mick Hucknall stanzte seinen Namen eindringlich in die Rinde des musikhistorischen Stammbaums. Ob es einem gefällt, oder nicht.

Vor der Prachtkulisse der Oper Down Under liefern Hucknall und seine Jungs einen sehr, sehr gelungenen Auftritt ab. Oder besser: Die Zusammenfassung zweier Auftritte vor dem Wahrzeichen der Australischen Metropole.

Das Seh-/Hörvergnügen fängt schon mit dem Intro an, in dem Hucknall per Boot zum Auftrittsort gefahren wird. Stimmungsvolle Kamerafahrten über und durch die Skyline Sydneys erzeugen so etwas wie eine Spielfilm-Atnosphäre. Leider ist der Vorfilm nicht zu sehen, mit dem Simply Red den Auftritt einleiten. Jener lässt die 25-jährige Bandgeschichte Revue passieren und ordnet anhand historischer Ereignisse die jeweiligen Alben und Songs zeitlich ein. Schon hier merkt man recht schnell, dass seit dem Debüt "Picture Book" doch einige Hektoliter Wasser den Rhein runtergeflossen sind.

Ein anderer Effekt ist die Erkenntnis, dass man um die Simply Red-Songs keinen Bogen machen konnte, es sei denn, man verkroch sich die letzten zwei Dekaden in irgendeinem Loch in der sibirischen Tundra. Da dies bei den wenigsten der Fall gewesen sein dürfte, ist auch die Trackliste der DVD bekannt und beliebt.

Was Herr Hucknall aus seinem Goldkehlchen herauszaubert, ist aller Ehren wert. Auch wenn der Feuerkopf mittlerweile 50 Jahre zählt und man das seinem Gesicht auch ansieht: sein Organ klingt jugendlich kraftvoll und mit dem typischen zarten Schmelz versehen, der ihm eigen ist. Seine Backing-Band hat er mit gutem Händchen zusammengestellt, gleiches gilt für das Bühnenbild, das geschmackvoll und unaufdringlich mit rotem Samtvorhang und schöner Beleuchtung daher kommt.

In diesem Ambiente spult Hucknall im besten Wortsinne routiniert ein Best Of-Programm herunter. Ohne große Überraschungen zwar, aber sympathisch umgesetzt und mit musikalischem Können versehen. Das mag vielleicht etwas langweilig wirken, aber Fan-Erwartungen erfüllt der alte Hase zu jederzeit. Wenn am Ende der finale Vorhang fällt, dürften sich die Wege der Parteien trennen, die da über 25 Jahre zueinander fanden. Hucknall ist froh, seine künstlerischen Fesseln abzustreifen. Dass der Großteil seiner Simply Red-Fans den neuen Weg mitgehen, darf getrost bezweifelt werden.

Wenn Mick nach "Holding Back The Years" mit einem verschmitzten Lächeln "goodbye world" ins Mikro spricht, schwingt keinerlei Wehmut in den Worten mit. Eine vorbildliche Einstellung, denn so verkommt er nicht zur Karikatur seiner selbst, die Jahrzehnte durch die Lande tourt, bis ihn keiner mehr sehen möchte. So bleiben Simply Red in bester Erinnerung. Tschüss!

Trackliste

Live At Sydney Opera House

  1. 1. Out On The Range
  2. 2. Your Mirror
  3. 3. Jericho
  4. 4. Heaven
  5. 5. To Be With You
  6. 6. Enough
  7. 7. For Your Babies
  8. 8. You make me feel brand new
  9. 9. If You Don't Know Me By Now
  10. 10. It's Only Love
  11. 11. Sunrise
  12. 12. Come To My Aid
  13. 13. Fake
  14. 14. The Right Thing
  15. 15. Money's Too Tight (To Mention)
  16. 16. Ain't That A Lot Of Love
  17. 17. Stars
  18. 18. Fairground
  19. 19. Something Got Me Started
  20. 20. Holding Back The Years

Interview

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