laut.de-Kritik

Mark Lanegan ist gegangen, ehren wir Sivert Høyem.

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"Ich mache mir nix vor, ich bin jetzt 34 Jahre alt und werde sicher kein Popstar mehr. Ich bin glücklich, dass viele Menschen, die meine frühere Band mochten, mich auf meinem Soloweg weiter begleiten", stellte Sivert Høyem bei der Veröffentlichung seines Albums "Moon Landing" bescheiden fest. Das ist nun schon eine ganze Weile her, mittlerweile geht der Musiker auf die 50 zu und seine damals aufgelöste Band Madrugada ist wieder aktiv. Die im damaligen Interview aufgestellte Popstar-Prognose ist auch nicht mehr ganz haltbar: In seiner Heimat Norwegen trägt man ihn als Sänger einer der berühmtesten Rockbands des Landes auf Händen.

2021 veröffentlichte er die Solo-EP "Roses Of Neurosis", ab 2022 bestimmte mit der Veröffentlichung des Comebacks "Chimes At Midnight" erstmal wieder Madrugada seinen Tagesplan. Im Gegensatz zur erwähnten Soloscheibe von 2010 steht Høyem heute nicht mehr der Sinn nach elektronischen Experimenten. Die Gitarren müssen surren und das Schlagzeug im Galeerenbeat schieben, erst dann erhebt der bleiche Schlaks auch seine Götterstimme.

Derweil kann man bei Promo-Infos von Platten mit seiner Beteiligung schon mal das Bullshit-Bingo aufsetzen: Wurde das Album nun in einem Holzhaus, einer verlassenen Waldhütte oder in der alten Kirche eines Fischerdorfs aufgenommen? Drunter macht es einer wie Høyem nämlich nicht, ist er doch einer aus der analogen Musiker-Generation, die Aufnahme-Orte ohne Holzwände als Majestätsbeleidigung empfindet. Außerdem: Wozu wohnt man in Norwegen?

So klingt dann auch "On An Island": Unbeeindruckt von seiner nun schon 25-jährigen Karriere fügt Høyem seiner Vita einfach immer wieder neue Kapitel an dynamisch-dunkler Rockmusik hinzu. Er kann es getragen ("In The Beginning"), schwermütig ("On An Island"), akustisch ("Keepsake") und stürmisch ("The Rust"). Und er kann Hits: Der karge Folksong "When Your True Love Is Gone" oder das in sich ruhende "Two Green Feathers" hätten problemlos auch auf der letzten Madrugada-Platte Platz gefunden. Was alle Kompositionen zusammen hält, ist wie immer seine Ausnahmestimme, da braucht es keinerlei Experimente, auch wenn er etwa in "Not Enough Light" eine interessante Irish Folk-Note unterbringt.

Um den Tod geht es dort - das Album entstand schließlich in einer Kirche - und Høyem fragt: "Where do you go to when you're gone / I still think about you and I carry you along". Mark Lanegan ist gegangen, ehren wir Sänger wie Sivert Høyem, so lange sie noch unter uns weilen.

Trackliste

  1. 1. On An Island
  2. 2. Two Green Feathers
  3. 3. When Your True Love Is Gone
  4. 4. In The Beginning
  5. 5. Aim For The Heart
  6. 6. The Rust
  7. 7. Keepsake
  8. 8. Now You See Me Now You Don't
  9. 9. Not Enough Light

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LAUT.DE-PORTRÄT Sivert Høyem

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