laut.de-Kritik

Mit filigranen Schlangenlinien durch den üppigen Indiepop-Garten.

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Zur Fußball-EM wird aktuell wieder viel von Automatismen die Rede sein, die eine Mannschaft nun mal brauche: In der Musik sind solche Muster zwar auch erfolgsversprechend, aber wirklich gute Bands wagen das Abstellen dieser Automatismen – wie Slut es bei diesem ersten neuen Album seit acht Jahren tun.

"Talks Of Paradise" ist ein zarter Neuanfang der Band aus Bayern, die hier kein Mia san mia des breitbeinigen Indierock manifestiert, sondern ein Minimalismus des Momentums mit (zunächst) reduziertem Instrumentarium. Nachdem sich 2014 nach einer langen Tour zum letzten Album "Alienation" tatsächlich diese titelgebende Distanzierung der Musiker einstellte, treffen sich Sänger Chris Neuburger und Gitarrist Rainer Schaller erst 2017 wieder und verbringen daraufhin spontan eine Woche zusammen in einer Athener Wohnung: Ins Handgepäck passten ein paar Instrumente, im Kopf entstanden fünf Skizzen zu neuen Songs, die auf dem Album nun zu filigran flirrenden Indiepop-Songs ausgearbeitet wurden.

Mit Verve und Vielseitigkeit spielen sich Sluts durch luftig poppige Tracks wie "Belly Call" mit schwindlig machendem Schlagzeugspiel, elektronisch verspielte Weird-Folk-Sounds wie "Fala" mit leichtem Notwist-Geschmack oder den wummernden melancholischen Hit "For The Soul There Is No Hospital" mit therapeutischem Trost zur Corona-Zeit. All das ist getragen von der immer noch unschuldig wie gleichzeitig schlangenartig klingenden Stimme Neuburgers, bei der man Bayern immer im nördlichen Europa verorten möchte (und letztlich ist "slut" ja ein schwedisches Wort für "geschlossen", auch wenn die erste Assoziation bei dem englischen Begriff für süddeutsch "Flitscherl" liegt).

Sluts Songs kommen einfach "aus der Tiefe des Raums", um mit einer anderen Fußball-Weisheit zu schließen: Diese stammt vom Literaturtheoretiker Karl Heinz Bohrer, der damit dem Spiel eine Poesie einschrieb, die dem Pop zuweilen fehlt – Auf "Talks Of Paradise" entfaltet sie sich im immer noch typischen hymnischen Indie-Klangbild der Ingolstädter.

Trackliste

  1. 1. Good For All
  2. 2. For The Soul There Is No Hospital
  3. 3. Belly Call
  4. 4. Penny Changes Dresses
  5. 5. Fala
  6. 6. How Trivial We Are
  7. 7. Tell Your Friends
  8. 8. Yes No Why Later
  9. 9. The Worst Is Yet To Come
  10. 10. Vandals
  11. 11. Black Sleep

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