laut.de-Kritik
Zeitlose Song-Schönheiten mit verzaubernder Stimme.
Review von Artur SchulzFünf Alben in zehn Jahren – das ist kein geringes Output. Dennoch gilt die schwedische Sängerin/Songwriterin hierzulande trotz guter Kritiken noch immer als Geheimtipp. Das mag zum Teil daran liegen, dass die scheue Künstlerin sehr selten Konzerte oder Interviews gibt – doch die Klasse ihrer Musik braucht Vergleiche mit Norah Jones oder Katie Melua nicht scheuen, mehr noch: Schließlich war Sophie schon viel früher am Start und nennt einen ausgefeilten, ganz persönlichen Stil ihr eigen. Das zeigt für die vorliegende Werkschau ein Zitat der Künstlerin: "Compilation-Alben sind schon seltsam. Solche Sachen werden eigentlich gemacht, wenn man tot ist".
Glücklicherweise ist Sophie Zelmani weder über dem Zenit ihres Könnens, noch weilt sie nicht mehr unter uns. Zehn Jahre sind schließlich eine angemessene Zeit, um zum ersten Mal eine Karriere-Rückschau zu halten. Auf der vorliegenden "A Decade Of Dreams" sind behutsam 15 Stücke aus ihren bisherigen Alben ausgewählt, von denen zwei mit leichter Hand ein neues Arrangement erfahren ("So Long" und "Always You").
Drei Songs sind echte Neukompositionen und somit das besondere Schmankerl für all jene Fans, die bereits den Backkatalog der Schwedin ihr eigen nennen: Ob "I Can't Change", "Bitter Kind" oder "Our Love" – jeder der neuen Titel erweist sich als ebenso hochkarätig wie die bislang bekannten Stücke. 18 überzeugende Songjuwelen auf einem Album – das ist selbst bei "Best Of"-Zusammenstellungen nicht immer gegeben.
Das ruhig-melodische, leicht feenhafte "Dreamer" eröffnet den Reigen. Sophies Stimme ist sanft, einschmeichelnd, schwebt aber niemals auf reinen Wohlfühl-Intonationen davon, sondern spielt auch mit dunkleren Tönen, ergänzt durch bewusste Sprünge und Brüche. "People" ist einer der wenigen Uptempo-Songs, die ebenfalls so überzeugend dargeboten werden wie die meist stillen, zurückgenommenen Balladen.
Der neue Song "I Can't Change" hält interessante Rhythmuswechsel bereit. "Gone With The Madness" wiegt sich intim-akustisch und erinnert angenehm an Leonard Cohen, ohne irgendwie in den Verdacht eines Plagiats zu geraten. Das hat Sophie auch nicht nötig; ihr musikalisches Verständnis und Feingefühl ist zu groß, um einfach anderweitig abzukupfern. "To Know You" besitzt einen federleichten Countrypop-Anstrich. "Got To Stop" spielt mit eindringlich-gehauchtem Gesang und effektvoll-verhaltener E-Gitarre, eingebettet in unwiderstehliche Melodieführung samt einem spannend gestalteten Arrangement.
"A Decade Of Dreams" ist keines der üblich - meist zur Weihnachtszeit - lieblos zusammen geschusterten "Best Of"-Zusammenstellungen. Mit sehr viel Treffsicherheit bei der Song-Suche eignet sich dieses Album gerade für den interessierten Neueinsteiger, einen Eindruck von Stil, Klasse und Bandbreite der aparten Schwedin zu bekommen. Und wird nicht enttäuscht werden, denn diese Auswahl macht Appetit auf mehr. Das beiliegende Booklet gehört ebenfalls zur Kategorie "Beachtenswert". Neben ausgesucht edlen Fotos der Künstlerin aus vergangenen Karrierejahren gibt es zu jedem einzelnen Song lesenswerte Gedankensplitter Sophies zu ihren Titeln.
Anton Corbijn, Fotograf und persönlicher Freund der Sängerin, zeichnet für den einleitenden Text des Booklets verantwortlich. Seine Erkenntnis: "Sophie singen zu hören, ist, wie in ein Samtlaken gehüllt zu sein und gleichzeitig zurück auf den Boden der Tatsachen geholt zu werden, eigentlich fast eine Beschreibung des Himmels auf Erden". Da ist was dran, denn die Art, wie Sophie gleichzeitig umschmeichelt und bei aller Träumerei nie die Realität aus den Augen verliert, ist einzigartig.
Ihre Kompositionen strahlen oft Lagerfeuerromantik aus und wecken dann und wann Assoziationen zu romantisch-verträumten Stunden am Kamin. Die melancholisch-verhangene Morgendämmerungs-Stimmung zählt ebenfalls zum Repertoire. Zeitlose und schlicht wunderschöne, beseelte Songarbeit: Sophie Zelmani kann entspannt ihrem nächsten "Decade"-Album für das Jahr 2015 entgegensehen. Und sollte bis dahin endlich den verdienten Bekanntheitsgrad erreicht haben, der dieser außergewöhnlichen Künstlerin zusteht.
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