laut.de-Kritik

Die niederschmetternden Reste des amerikanischen Traums.

Review von

"Brave Faces Everyone" klingt so, als hätten The Menzingers einen verdammt harten Tag durchgemacht. Ein Tag à la: Du fährst dein Auto zu Schrott, wirst gefeuert, musst bei Hagelschauern nach Hause laufen und bemerkst, dass deine Wohnung in Flammen steht, weil du den Herd angelassen hast.

Allein die Tracklist liest sich wie ein böses Omen: "Routine Pain", "Self-Destruction", "Generation Kick", "Losers", das kann nichts Gutes bedeuten. Und tatsächlich windet sich Frontmann Dylan Slocum auf den zehn Tracks des Albums durch alle möglichen Schicksalsschläge und Krisen, die man so durchmachen kann. Zeilen wie "Cause half our friends are dead/The other half are depressed" findet man so oder in ähnlicher Form in beinahe jedem Song.

Damit fangen Spanish Love Songs hervorragend die Atmosphäre ein, das zurzeit in den Staaten herrscht: Verbitterung über einen amerikanischen Traum, den man nicht mehr erreichen kann - Hass macht sich breit, die nächste Miete kann nicht bezahlt werden und man stottert einen Kredit nach dem anderen ab ("Losers", "Brave Faces, Everyone").

Slocum sprechsingt sich die Verzweiflung von der Seele, während seine Bandkollegen ein amtliches Punkrock-Brett abliefern. Das Schema Strophe-Refrain-Strophe wird konsequent durchgehalten, große Variation darf man nicht erwarten. So hat man nach einigen Songs auch das Gefühl, auf musikalischer Ebene eigentlich schon alles gehört zu haben – es sind dann eben doch vor allem die Texte, die hier die Spannung aufrecht halten.

Etwas Abwechslung bringt "Losers 2" das sich mit seinem schnarrenden Bass und einer wunderschönen Pop-Melodie angenehm vom Rest der Platte abhebt. Hervorheben sollte man auch Keyboarderin Meredith Van Woert, die im Hintergrund dezent futuristische Sounds setzt und so den klassischen Emo-Punk-Sound zumindest ein wenig aufbricht.

Die restlichen Songs sind einwandfrei gespielt, rauschen aber beim dritten oder vierten Durchgang einfach vorbei. Schade, denn Spanish Love Songs haben defintiv etwas zu erzählen und scheuen sich auch nicht vor starken politischen Statements.

Immerhin, am Ende gelingt den Amerikanern nach all dem Elend, das sie heraufbeschworen haben, doch noch so etwas wie ein Hoffnungsschimmer am Horizont. Der Titeltrack "Brave Faces, Everyone" endet mit den Zeilen: "We don't have to fix everything at once / We were never broken, life's just very long/Brave faces everyone".

Trackliste

  1. 1. Routine Pain
  2. 2. Self-Destruction
  3. 3. Generation Loss
  4. 4. Kick
  5. 5. Beach Front Property
  6. 6. Losers
  7. 7. Optimism
  8. 8. Losers 2
  9. 9. Dolores
  10. 10. Brave Faces, Everyone

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3 Kommentare mit einer Antwort

  • Vor 4 Jahren

    klingt eigentlich mehr nach 4/5 als nach Mittelmaß.

    Wo Du im ersten Satz die Menzingers erwähnst, Connor:
    Die haben letzte Jahr ein imho gelungenes Album herausgebracht: "Hello Exile", erwachsener Punkrock, wenn es so etwas gibt.

    Dass es keine Besprechung gab, geschenkt; aber die Discographie hätt man schon ergänzen können.

    Gruß

  • Vor 2 Jahren

    Ein Rätsel weshalb die Platte von der Redaktion bloss zwei Sterne kriegt. Für mich eine der besten (Emo)Punk Platten der letzten Zeit. Soviel Leidenschaft, soviel wunderbare Melodien und tiefsitzende Texte. Wie nur schon das superintenisve Finale von Routine Pain in die Magengrube fährt ist grosses Kino und sucht seinesgleichen:
    "Then have you ever felt lower than everyone else?
    I'm feeling lower than anyone else.
    If everything's lower than everything else,
    I want to see how much lower we can go"
    Kann keinen einzigen Ausfall ausmachen und feiere das Album auch noch bald zwei Jahre nach dem Release ohne Ende.

  • Vor 2 Jahren

    2 von 5 Sternen und ein Platz in den schlechtesten Alben von 2020? Damit ist eigentlich alles gesagt: Laut.de, benennt euch um in Rap_und_Hip_Hop.de und gut ist. Alles andere stiftet nur Verwirrung. Traut euch.