laut.de-Kritik

Kein Deut schlechter als die Fantas, Ärzte oder Hosen.

Review von

Die Fantastischen Vier haben es getan, die Ärzte auch. Sie gingen wieder zur Schule, die Toten Hosen waren nur zu Besuch.

Sie alle hatten ihren Auftritt bei MTV-Unplugged, das mit dem schleichenden Tod des Musikfernsehens sicherlich nicht mehr die Stahlkraft der ersten Sessions von Paul McCartney, Pearl Jam oder Nirvana hat. Kurt Cobain war im Gegensatz zu den Sportfreunden 1993 tatsächlich Live in New York, das akustische Konzert des Trios wurde dagegen in einer Stunthalle der Bavaria Film Studios bei München eingespielt.

Nun verbirgt sich hinter dem Titel weniger ein plumper Etikettenschwindel als vielmehr der Sportfreundsche Dreiklang aus typisch verschrobenen Humor, einem musicalesken Brooklyn-Setting mit Bauarbeitern und Stewardessen, das hinter Tropfsteinhöhle (Fanta 4), Wiener Burgtheater (Toten Hosen) und Schulmädchenchor (Ärzte) nicht all zu sehr zurückstecken muss, und natürlich der anvisierten Gesangseinlage mit dem großen Udo Jürgens.

"Ich war noch niemals in New York", steht den Sportfreunden in ihrer Powerpop-Version mit klassischem Orchester vorzüglich, auch wenn Jürgens sich stimmlich gehörig strecken muss, um bei dem Tempo mitzukommen. Dafür hat er im Gegensatz zu Peter Brugger auch einen Funken Soul in der Stimme. Das mit Charlotte Cooper und Billy Lunn von The Subways halb auf deutsch eingeschriene "Rock'n'Roll Queen" offenbart dagegen akustisch um so mehr seine eigentliche Eignung für verzerrte E-Gitarren.

Im feinen "Ich, Roque" ersetzen Streicher das Casio-Keyboard, Klavier und Mariachi-Trompeten hübschen den Song zusätzlich gehörig auf. Und der Urschrei - "Ich, Roque" - kommt natürlich vom Publikum, das auch im Vergleich zum Original relativ deckungsgleichen "Ein Kompliment" lauthals mitzusingen hat. Insgesamt offenbaren "Uns Peter, Rüde, Flo" eine musikalische Variabilität, die man ihnen und ihren oftmals so dünnbödigen Liedern gar nicht zugetraut hätte.

"7 Tage, 7 Nächte" kommt wie ein Singstück aus der Dreigroschenoper daher, "Fast wie von selbst" ist auf sommerlichen Indie-Pop heruntergebrochen und "Wunderbaren Jahren" gibt sich zunächst gar komplett zerlegt, ehe es nach zwei Minuten mit Western-Gitarren und seltsamen Scratchings doch noch Fahrt aufnimmt. Das ist selbst für Leute hörenswert, die den drei Bayern ihre Indie-Credibilität schon vor Jahren abgesprochen haben und ihre Gespräche über die Band mit dem immergleichen "Früher, als die Sportfreunde noch gut waren ..." beginnen.

Nein, die Sportfreunde Stiller sind wahrlich keine großen Musiker, für die die Unplugged-Reihe ursprünglich einmal gedacht zu sein schien. Sie werden es auch nie werden. Selbiges gilt allerdings auch für nahezu alle deutschen Bands, die sich je für dieses Format hergegeben haben. Es geht hier schlichtweg um ein Maß an Bekanntheit, das Sportfreunde spätestens mit ihrem WM-Singalong "54, 74, 90, 2006" (der nur auf dem Doppel-Album in der 2010-Version enthalten ist) erreicht haben.

"MTV Unplugged in New York" ist wahrlich großer Sport, von dem man sich allerdings fieserweise die Doppel-CD holen muss, um tatsächlich auch alle Hits aus der älteren, besseren Schaffensphase der Band mitzunehmen. Das Sportfreunde-Bashing kann man sich aber getrost schenken. Denn Unplugged sind Fantas, Ärzte und Hosen keinen Deut besser.

Trackliste

  1. 1. Ich, Roque
  2. 2. Ein Kompliment
  3. 3. Lass Mich Nie Mehr Los
  4. 4. 7 Tage, 7 Nächte
  5. 5. Rock'n'roll Queen (mit The Subways)
  6. 6. Fast Wie Von Selbst
  7. 7. Der Titel Vom Nächsten Kapitel
  8. 8. Wunderbaren Jahren
  9. 9. ¡Vamos!
  10. 10. Wie Lange Sollen Wir Noch Warten?
  11. 11. Alles Roger!
  12. 12. Siehst Du Das Genauso?
  13. 13. Ich War Noch Niemals In New York (mit Udo Jürgens)

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27 Kommentare

  • Vor 15 Jahren

    Mal ehrlich. Vergleiche nerven. Wayne!!...das Album macht Spaß. Da interessierts mich wenig, ob Nirvana und Co. nun besser oder schlechter waren.

  • Vor 15 Jahren

    @jakobh1 (« Mal ehrlich. Vergleiche nerven. Wayne!!...das Album macht Spaß. Da interessierts mich wenig, ob Nirvana und Co. nun besser oder schlechter waren. »):

    da geb ich dir absolut recht.
    ich war auch eher skeptisch, als ich von einem unplugged-albumn der sportis hörte, wurde aber positiv überrascht. ich finds gut. peters stimme ist sicherlich nicht die tollste, aber dafür unverwechselbar und eben "typisch sportfreunde"...

  • Vor 15 Jahren

    @soulblind (« ich finds gut. peters stimme ist sicherlich nicht die tollste, aber dafür unverwechselbar und eben "typisch sportfreunde"... »):

    bin voll und ganz deiner meinung! Peters stimme is nicht die beste, aber die hat auf jeden Fall wiedererkennungswert... hab mir das album mal ausgeliehen, war recht positiv überrascht!!