laut.de-Kritik
Ordentlicher Radiopop mit teilweise banalen Texten.
Review von Moritz Fehrle"Hello, it's me again. Sorry I took so long". Optisch runderneuert steht Ex-Casting-Star Stefanie Heinzmann vier Jahre nach ihrem letzten Album wieder auf der Matte. Vermisst hab ich sie eigentlich nicht. Immerhin hat ihr letztes Album "Chance Of Rain" die Erwartungen an ihren musikalischen Output nicht gerade in schwindelerregende Höhen getrieben.
Der Anfang von "All We Need Is Love", dem fünften Album der mittlerweile Dreißigjährigen, entpuppt sich aber als eine angenehme Überraschung. "Not Giving It Up" ist ein interessant instrumentierter Upbeat-Song an der Schnittstelle von Soul und Pop. Unterstützt von einer Bläserfraktion groovt er gegen Ende sogar ein wenig!
Der folgende Titelsong gibt im bombastischen Refrain das Grundthema vor. Vor dem Album hat sich die Schweizerin eine künstlerische Auszeit genommen. Als Erkenntnis daraus mitnehmen will sie "All We Need Is Love". Gar nicht mal so welterschütternd. Ein solider Popsong ist es trotzdem geworden, wenn ihm auch gegen Ende merklich die Puste ausgeht.
Die folgenden Titel sind platt produzierter Radio-Pop ohne jegliche Innovation. Auf Hit getrimmt ist auch die Vorabsingle "Mother's Heart". Handwerklich ist die allerdings wieder deutlich besser gemacht und stellt die stimmlichen Qualitäten der Schweizerin gut heraus. Textlich ist der Song ein Aufruf, sich zu akzeptieren, wie man ist. Wenn "die Steffi" hier von Zweifeln an ihrem Aussehen singt, stellt sie sich damit dennoch gewiss nicht an die Spitze der Body-Positivity Bewegung. Gerade für eine Radiosingle bleibt die Aussage natürlich unterstützenswert, obwohl das Thema in der Popmusik natürlich schon dutzendfach (und ausgefeilter) aufgegriffen wurde.
Auch hier ist mir der Refrain wieder eine Spur zu fett. Aber das Produzententeam beweist Gespür für Dramaturgie und fährt in den kommenden Songs dankenswerterweise zwei Gänge runter. "Brave" dreht dann wieder fröhlich auf und wiederholt die doch etwas banale "Sei du selbst"-Erkenntnis der Single. Was da immerhin noch einen gewissen Charme hatte, endet hier in: "Be a little, gotta be a little, got a be be be be a little bittle bit brave". Geistiger Tiefflug unter dem Aufkleber "Empowerment". Dass über den nächsten Song exakt das Gleiche gesagt werden könnte, macht es nicht besser.
"All We Need Is Love" steckt, wie der Titel schon nahe legt, zwar voller Plattitüden, ist sonst aber eine erfreulich schmerzbefreite Angelegenheit. Gegen Ende zerren die groß angelegten Refrains mit ihren aufbauenden Parolen bei mir am Nervengerüst. Aber dank Stefanie Heinzmanns stimmlicher Leistung liegt das Album dennoch über dem deutschen Radiopop-Standard.
Einen versöhnlichen Abschied und Ausklang verhindert der letzte Titel. Wie ein Fremdkörper steht das von Frans Zimmer (Alle Farben) produzierte "Build A House" da. Diese mit 'schmissigem Elektrobeat' unterlegte Nummer ist ein so plumper wie seelenloser 4-Akkorde-Popsong, der sogar Robin Schulz zu peinlich wäre. Das klingt alles so dermaßen mit dem Baukasten zusammengesetzt, dass ich bei den ersten Klaviertönen bereits schreiend wegrennen möchte. Weil komplett klar ist, was jetzt kommen wird, was kommen muss: Stumpfer Rummelbuden-Elektro direkt aus der Hölle. Allein für diese derart primitive und auf Gefälligkeit getrimmte Klaviermelodie sollte man Alle Farben verbieten, jemals wieder Hand an einen Regler zu legen.
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