laut.de-Kritik
Wie "Red Dead Redemption" auf Drogen.
Review von Stefan MertlikDer ehemalige Pavement-Frontmann Stephen Malkmus hat die Schnauze voll von schnörkellos. Ohne Experimente spielt der 53-Jährige seinen Indierock schon lange nicht mehr. Mal reichert er die Musik mit elektronischen Elementen an, mal wildert er in völligen fremden Genres. Der Titel des neuen Albums "Traditional Techniques" lässt sich dementsprechend als Finte verstehen.
Tatsächlich klingen die elf neuen Stücke wieder sehr eigen. Dort, wo andere Folk-Größen eine Mundharmonika einsetzen, verwendet der Kalifornier eine Panflöte. Mit einer Bouzouki platziert er zudem ein griechisches Saiteninstrument an prominenten Stellen. Wild-West-Romantik mit internationalem Flair. In den Sonnenuntergang reiten, mal anders. "Red Dead Redemption" auf Drogen, und so weiter, und so fort.
Dabei verliert sich "Traditional Techniques" nicht in psychedelischer Komplexität, die in einer schöngeredeten Spannungsarmut gipfelt. Malkmus folgt weitestgehend klassischen Liedstrukturen und einem durchgängigen Groove. Von Hits hält er sich dennoch fern. Dafür bedienen Schmachtfetzen wie "Amberjack" das herrlich verklärte Verliererdasein: "I'm still into watching bridges burn."
Im Herzen bleibt Malkmus ein Gniedler: Das Outro von "Brainwashed" zerlegt er mit einer verzerrten Pedal-Steel-Gitarre, in "Xian Man" spielt er mit ihr ein beeindruckendes Solo. Akustikklänge stehen trotz des elektronischen Zupfinstruments mit den zwölf Saiten im Mittelpunkt. Das dritte Malkmus-Album ohne die Jicks und ohne Pavement lebt von einer naturnahen Wärme, die nicht bei Lagerfeuer-Atmosphäre endet.
Malkmus hat "Traditional Techniques" mit Chris Funk von den Decemberists aufgenommen. Dieser bündelte Malkmus' künstlerische Ambitionen und verwandelte sie in eingängige Arrangements. Das hat sich vermutlich auch auf die Inhalte ausgewirkt, die direkte Gesellschafts- und Konsumkritik enthalten: "Sky high on reddit, kharma fly / Over Amazon wheatfields and rivers of Red Bull / Drip gush drip data-driven skip / To the part where the left bros parody TED Talks."
Der Vorgänger "Groove Denied" von 2019 enttäuschte aufgrund seiner wirren Mischung aus elektronischen und Indierock-Stücken. "Nix Halbes, nix Ganzes", schrieb laut.de-Autor Olaf Schmidt damals. "Traditional Techniques" behält den roten Faden im Auge. Stephen Malkmus vereint seine Singer/Songwriter-Stärken mit einer berauschenden "Firefly"-Ästhetik. Zu diesen elf Nummern rauchen Cowboys und Indianer ihre prallgefüllten Friedenspfeifen.
Noch keine Kommentare