laut.de-Kritik

Jähzornig, gesetzlos und ehrlich: ein derbes Stück Musik.

Review von

Jean-Paul Bourelly ist zumeist solo unterwegs. Einige Banderfahrung hat er aber auch schon gesammelt, nicht zuletzt mit Miles Davis. Will Calhoun kommt von Living Colour. Darryl Jones steht immer wieder bei den Rolling Stones parat. Die Zeit ist reif für eine eigene, eine gemeinsame Band. Stone Raiders nennt sich der neue Spielplatz für die drei Musiker, und die scheren sich einen Dreck um den Zeitgeist.

"Truth To Power" ist ein derbes Stück Musik, komplett aus der Zeit gefallen. Die Konzentration liegt ausschließlich auf dem Können der drei Musiker. Kein weiterer Schnickschnack stört.

Eine schleppende Bassline und groovende Drums führen durch "Power To Spirit". Zusammen legen sie einem Bourelly das Fundament, der nicht nur an der Gitarre immer wieder an einen angegrauten Hendrix erinnert.

In die gleiche Kerbe haut der Titelsong "Truth To Power". Ein rauer Wind schlägt aus dem Refrain entgegen, ausgelöst von Calhouns Hi-Hat und Becken. Einmal vom Funk zum Jazz über den Rock zum Hip Hop und zurück. Doch Schubladen sind eh nur für Weicheier.

Der schmutzige Großstadt-Porno "Calling Civilization" mischt wild jeden Musikstil, den er in längst vergessenen Mülltonnen in dunklen Gassen findet. Unangenehm für die Gesellschaft. Sandlerkönig Bourelly wirbelt mit den Armen, schreit fremden Passanten ins Gesicht, geifert, lässt sich nicht bändigen. Das Ende ist nah! Währenddessen verlassen seine Kumpane Calhoun und Jones immer mehr den Pfad eingeschränkter Songs.

Das Gegenstück bildet "The Radiance Of Pure Reality". Viel mehr kann sich dieses Trio nicht mäßigen. Viel näher an den allgemeinen Geschmack lässt sie ihre Natur nicht heran. Zurückgelehnt auf einen rostigen Sonnenstuhl aus Stacheldraht kämpfen sie einen aussichtslosen Kampf, der letztendlich verloren geht.

"Funktokomatik", mehr Improvisation als Song, findet seine Wurzeln im Funk, seinen Beat im Hip Hop. In "Toxic U (Episode II)" schlägt die fiebrige Flanger-Gitarre so lange auf den funkenden Bass und das Schlagzeug ein, bis sich diese ergeben. Die Temperatur und der Wahn steigen gleichzeitig an. "Fever / Till you sizzlen / But what a lovely way to burn." In "Money Disease" lässt Bourelly noch einmal den Hendrix von der Leine.

Stone Raiders "Truth To Power" ist Freiheit, jähzornig, gesetzlos und ehrlich. Einem räudigem Live-Jam gleich bläst das Album alle Farbe aus dem Gesicht der Zuhörer. Lasst die Kinder ruhig mit Samples und Synthis spielen, auf Akkorden herum schrammeln. Das hier aber, mein lieber Herr Gesangsverein, ist wahre Musik.

Trackliste

  1. 1. Power To Spirit
  2. 2. Funktokomatik
  3. 3. Truth To Power
  4. 4. The Radiance Of Pure Reality
  5. 5. Stone Phase
  6. 6. Calling Civilization
  7. 7. Loves Parody
  8. 8. Toxic U (Episode II)
  9. 9. Phase Funky
  10. 10. The Money Disease

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