laut.de-Kritik

House, wie er sein sollte.

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Aaah, la langue française! Man ist durchaus versucht, einem Musik- oder Textstück gleich etwas mehr Intellektualität zuzugestehen, wenn es auf Französisch verfasst ist. Bei Stromae handelt es sich um House, einem Genre, das in den letzten Jahren seiner Mainstream-Hochzeit nicht immer mit hochintelligenten Produkten auf sich aufmerksam gemacht hat. Dem Klischee nach müsste es sich bei "Cheese" also um ein House-Album außerordentlicher Güte handeln.

Der Radiohit "Alors On Danse" ist tatsächlich hochwertig: reduzierte Instrumentierung, ein Mix aus ein wenig Akustik und viel Elektro, Stromaes warmer Stimme und interessanter Rhythmik. Eins vorweg: Ein zweites "Also Tanzen Wir" findet sich in dieser Eingängigkeit nicht mehr – aber viele weitere Kleinode, die House wieder so klingen lassen, wie er womöglich Ende der Achtziger einst gedacht war.

"A la fois Jazz, à la fois Rock, à la fois Électro" – beschreibt Stromae seinen Stil auf "Bienvenu Chez Moi". Damit man auch gleich weiß, dass man bei ihm zuhause ist, begrüßen uns wieder die gleichen Synthies, die wir aus "Alors On Danse" kennen. Wie ein Grundthema ziehen sie sich durch den Rest des Albums.

Der Belgier sieht sich selbst als Rapper und das ist gut so. Denn ohne die sanfte Stimme und die rhythmischen Wortspielereien klänge das Album längst nicht so organisch. In "Te Quiero" greift er die ganz großen Themen Liebe und Tod auf. Und selbst wenn man phonetische Nettigkeiten wie "Je voulais la mort/Je l'aime à mort" (Ich wollte den Tod/Ich liebe sie zu Tode) nicht versteht – den Wohlklang verspürt auch der Nicht-Frankophone. Allein schon, wegen des herrlichen "mon chit" (gesprochen: mo schiett), mit dem er Musik frei nach dem Motto "Music is the only drug" betitelt, ist zum Beispiel "Rail De Musique" hörenswert.

In "Summertime" greift er die altbekannte Idee des Sommerhits auf: Rein musikalisch scheint "Summertime" förmlich nach Autokorso mit herabgelassenem Verdeck zu schreien. Doch der eingesprenkelte Verweis auf den "cancer de la peau" (Hautkrebs), den die "Summertime" zu verantworten hat, lässt die Lust auf Cabrio schnell vergehen.

Überhaupt beherrscht der 25-Jährige das Spiel mit dem Klischee: "Dodo" ist ein zart produziertes Liedchen, in dem sanfte Stimme und süße Melodie das imaginäre Kindlein in den Schlaf wiegen soll. Diese Heia ("dodo") ist aber genau die entgegengesetzte Version des klassischen Kinderliedchens. Das Kind soll nicht einschlafen, weil alles gut ist, sondern weil alles schlecht ist (Vater schlägt und missbraucht, Mutter schläft mit anderen Männern).

Letztendlich lebt also das solide, aber ein wenig monoton produzierte Album von seiner textlichen Originalität. Und die würde auch in jeder anderen Sprache funktionieren. Der schöne Klang des Französischen ist natürlich dennoch ein wohlkalkuliert toller Kontrast zur Kühle der Produktion: House’llelujah!

Trackliste

  1. 1. Bienvenue Chez Moi
  2. 2. Te Quiero
  3. 3. Peace Or Violence
  4. 4. Rail De Musique
  5. 5. Alors On Danse
  6. 6. Summertime
  7. 7. Dodo
  8. 8. Silence
  9. 9. Je Cours
  10. 10. House'llelujah
  11. 11. Cheese

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