laut.de-Kritik

Samu Habers Hits verweisen Tokio Hotel auf die Plätze.

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Da werden alle Tokio Hotel-Verantwortlichen aber ganz schön dumm aus der Wäsche gucken: Statt des Comeback-Albums der Kaulitz-Bruderschaft grüßt nämlich eine andere Platte von der Spitze der hiesigen Longplayer-Charts. Diese präsentiert sich in einem grauen Häuserwand-Look und ist das erste Greatest-Hits-Schaffen einer Band, die hierzulande dank ihres omnipräsenten Frontmanns mittlerweile scheinbar so viele kreischende Teenies in Verzückung versetzt, wie die Jungs von Tokio Hotel zu Beginn ihrer Karriere.

Sunrise Avenue-Frontmann Samu Haber ist aber auch ein Vorzeige-Beau. Mit seinem frechen blonden Strähnen-Haupt, einem stets charmanten Lächeln auf den Lippen und der nasalen Klangfarbe seiner Stimme, bringt der Finne alles mit, was es braucht, um in pinkfarbenen Jugendzimmern für feuchte Träume zu sorgen. Die Songs seiner Band werden seit Jahren von jeder chartstreuen Radiostation von Flensburg bis München mit Kusshand ins Programm aufgenommen.

Vor allem aber sitzt er nun schon seit zwei Jahren im Jury-Sessel der Casting-Show "The Voice Of Germany". Samu Haber hier, Samu Haber da, Samu Haber überall – und jetzt auch noch an der Spitze der Album-Charts; und das mit einem Longplayer, der bis auf drei neue Songs nur Gebrauchtes zu bieten hat.

Über Songs wie "Fairytale Gone Bad", "Welcome To My Life" oder "Hollywood Hills" muss man nicht viele Worte verlieren. Ein pompöser Mix aus Rock und Pop, nicht zu hart, nicht zu weich, eben genau das Richtige für lange Schulhofpausen oder noch längere Wartezimmer-Aufenthalte. Doch wie sieht's mit den neuen Songs aus? Bleiben die Finnen auf Kurs? Oder stellt sich die Band dem einen oder anderen Sound-Wagnis?

Die erste Single "You Can Never Be Ready" kommt zunächst in altbewährter Manier um die Ecke: Harmoniegeschwängerter Midtempo-Pop trifft auf standardisierten Fernsehgarten-Rock. Kennt man zur Genüge. Weder die Instrumentierung noch die Melodieführung sorgen beim Hörer auch nur ansatzweise für hochgezogene Augenbrauen. Enttäuschend.

Wesentlich spannender präsentiert sich da schon der zweite Neuzugang namens "Funkytown". Plötzlich schieben sich trockene, fast schon bellende Drums in den Vordergrund, während Samu Haber auf der Suche nach einer passenden Gesangslinie hin und wieder ins Schlingern gerät. Gegen Ende gesellt sich sogar noch verstörender Sprechgesang hinzu. Selbst Haber bezeichnet den Song auf der Band-Homepage als "stupid song". Na und? Die Hauptsache ist doch, dass sich im eingelullten Mikrokosmos der Band endlich mal was bewegt.

Die "Freude" über unerwartete Neuerungen währt aber nicht lange, denn mit der schmachtenden Piano-Ballade "Nothing Is Over" präsentiert sich die Band erneut in etwa so experimentierfreudig wie eine Gruppe von überzeugten Veganern vor einer Currywurst-Bude.

Fazit: Vierzehn alte Songs, zwei neue "alte" Songs und ein etwas aus der Reihe tanzendes Dummerchen. Genug immerhin, um sich im Jahr 2014 vor Tokio Hotel in den Charts zu platzieren.

Trackliste

  1. 1. You Can Never Be Ready
  2. 2. Hollywood Hills
  3. 3. I Don't Dance
  4. 4. Monk Day
  5. 5. Little BitLove
  6. 6. Funkytown
  7. 7. Welcome To My Life
  8. 8. Fairytale Gone Bad
  9. 9. Angels On A Rampage
  10. 10. I Can Break Your Heart
  11. 11. Hurtsville
  12. 12. Damn Silence
  13. 13. Nothing Is Over
  14. 14. Forever Yours
  15. 15. Choose To Be Me
  16. 16. Lifesaver
  17. 17. Sweet Symphony

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LAUT.DE-PORTRÄT Sunrise Avenue

Sunrise Avenue. Der Name weckt Assoziationen zu mit Florida oder Kalifornien, wo sich hübsche Menschen an traumhaften Stränden in der Sonne wälzen.

4 Kommentare mit 20 Antworten

  • Vor 9 Jahren

    "Mit seinem frechen blonden Strähnen-Haupt, einem stets charmanten Lächeln auf den Lippen und der nasalen Klangfarbe seiner Stimme, bringt der Finne alles mit, was es braucht, um in pinkfarbenen Jugendzimmern für feuchte Träume zu sorgen."

    Meiner Meinung nach eher was für die bügelnde Hausfrau wie Robbie Williams und co, oder? Habe den zumindest nie als Teenieschwarm empfunden...

    Aber joa, manche Songs von denen finde ich voll okay im Radio...so One Republic-Style, die haben halt ein Gespür für nette Ohrwürmer.

  • Vor 9 Jahren

    "Fairy Tale Gone Bad" ist echt ein guter Song. Meiner Meinung nach haben sie aber nix gleichwertiges mehr hinbekommen. Irgendwo zwischen egal ("Hollywood Hills") und nervig ("Forever Yours"). Typische Radiokost, musikalisches Fastfood. Kann man sich mal geben, leider ohne Nährwert.

  • Vor 9 Jahren

    Irgendwer (souli? morpho?) hat vor Kurzem den Vorschlag gebracht, Rezis zu belanglosen Platten für größere Musikthemen zu missbrauchen. Wir hatten Meilensteine und Riffs - ich versuche hiermit mal die Kategorie

    You don't know, Laut!

    aufzumachen - Verdiente Künstler, die auf der Seite kein Bandprofil und keine einzige Rezi stehen haben. Anfangen will ich mit zwei Bands:

    Gazpacho - Artrock-Band, die mittlerweile 8 Studioalben ihr Eigen nennt, die meiner Meinung nach alle über dem Genredurchschnitt liegen. Besonders das Konzeptalbum 'Tick Tock' ist mMn extrem gut gelungen.

    mewithoutyou - Beste Band der Welt ;) . Melodischer Post-Hardcore vom Feinsten, mit Ausflügen in Folk- und Punkgefilde und einem unverwechselbarem 'Sänger'. Brother, Sister ist für mich wohl ein ewiges Top-5 Album.

  • Vor 9 Jahren

    http://www.plattentests.de/rezi.php?show=1…

    Ihre Stücke waren und bleiben Pop-Rock-Abziehbilder, die mit den handelsüblichen Rockismen hantieren, ohne auch nur eine Spur von eigener Identität zu entwickeln. Sunrise Avenue verhandeln dabei Gefühle, die ein Mensch nicht fühlen kann. Ihr Rock ist so kalkuliert, dass sich selbst Cyborgs verarscht vorkämen.

    Nichts an Sunrise Avenue ist jedenfalls "echt", "authentisch" oder auch nur im Ansatz interessant. Ihre Stücke sind Formeln, die sich rein schematisch wie ein Pferdeapfel dem anderen gleichen. Das befindlichkeitsfixierte Vokabular des neuen Voice-of-Germany-Jurors Samu Haber entspricht dem eines fünfzehnjährigen Durchschnittsschülers, der mittels Tagebuch-Poesie versucht, seine Gedanken in Platzpatronen zu füllen, um diesen pathetischen, frittenfettschmierigen Schmarrn in den Äther zu schießen, wo er sich dann spätestens als genau das entpuppt, was er immer war, stets ist und auch auf ewig bleiben wird: eine Sammlung leerer, inhaltsloser Schablonen, geschult an den schlechtesten Momenten von U2, 3 Doors Down oder Bon Jovi. Musik zum Abgewöhnen.

    Immer wieder gut! :D