laut.de-Biographie
T.Rex
Anfang der 70er Jahre befindet sich England im T. Rex-Rausch und eine Welle der "Rextasy" wogt über die britischen Inseln hinweg. Zu verdanken ist dies dem Initiator Marc Feld, alias Marc Bolan, der schon 1962 im zarten Alter von 15 den Coverboy des Londoner "Town"-Magazins mimt, als junger Narziss, als Archetyp des "Mods".
Bolan nimmt Mitte der 60er zwei Singles auf (darunter "The Wizard" auf Decca), die aber keiner haben will, nur Produzent Kit Lambert wird auf ihn aufmerksam. Ihm gelingt es schließlich, dass Bolans Combo John’s Children 1967 im Vorprogramm von The Who auf Tour gehen. Durch Bolans exaltiertes Frontmann-Gehabe und die wilden Bühneneffekte sehen die Who ihren Thron bedroht, den sie damals als Skandalrocker beanspruchen. Schon nach 4 Tagen werden John’s Children auf Initiative der Headliner aus dem Programm geworfen.
Daraufhin schließt sich Bolan Steve Peregrine Took an und gründet Tyrannosaurus Rex, die jedoch als solche trotz guter Kritiken und reichlich Airplay durch John Peel nur beim Underground-Publikum besondere Beachtung finden. Das Duo bringt unter vollem Namen 3 LPs heraus, wobei "A Beard of Stars" immerhin auf Platz 21 chartet. Der poetisch begabte Bolan veröffentlicht einen Band mit dadaesk-halluzinogener Märchenpoesie unter dem Titel "The Warlock Of Love". 30 000 Stück davon gehen über die Ladentheke und das Buch schafft es sogar in die britischen Bestsellerlisten. 1969 trennt sich Bolan schließlich von Took, weil dieser ihm politisch zu sehr nach links abdrifted.
Entscheidender Wendepunkt ist das Jahr 1970, als Bolan in Mickey Finn an den Bongos, Bill Legend an den Drums und Steve Currie am Bass die geeigneten Mitstreiter findet und für eine Neuauflage den Namen der Gruppe in T. Rex verkürzt. Mit der ersten Single "Ride A White Swan" entdeckt Bolan sein Faible für Gitarrenverzerrer und landet damit einen Hit an Platz zwei der Charts. Ein Gemisch aus psychedelischem Rock, surrealistischer Lyrik und androgyn-provokanten Bühnenoutfits bildet die Basis für die Bolan zugeschriebene Erfindung des Glam-Rock. Noch heute gilt deswegen seine Bühnenpräsenz in Lack & Leder, Plateauschuhen und Federboas als wegweisend für Bands aus dem Independent- und Heavy Metal-Bereich.
Die Ein-Mann-Show T. Rex ist bald Titelthema Nr. eins in der Musikpresse. Anfang der 70er Jahre wird Marc Bolan vom "Melody Maker" zum "Propheten einer neuen Generation" erhoben und der "New Musical Express" kürt ihn zur "Elfe Presley". Das erste, mit voller Besetzung aufgenommene Album "Electric Warrior" mit den Hits "Hot Love" und "Get It On" gibt dem Recht, als es für sechs Wochen die britischen Charts dominiert. T.Rex verkaufen in eineinhalb Jahren 18 Millionen Platten.
1972 nimmt EMI die T. Rex in sein Repertoire auf und ebnet den Weg für die oben beschriebene Welle der "Rextasy" auf den britischen Inseln. Die Platten "The Slider" und "Tanx" erreichen ebenfalls Platz eins in den Charts, nicht zuletzt wegen der Kult-Single "20th Century Boy", die später in den 90ern nochmals für eine Levis-Werbung herhalten muss. Allerdings ist diese auch die letzte Top 10 Single der T. Rex - der Zenit war zu diesem Zeitpunkt schon weit überschritten.
Die Gazetten berichten über immer wildere Eskapaden des Superstars Marc Bolan. Jedoch wird das Publikum der Ausschlachtung seines Klischees langsam überdrüssig. Bolan, der seinen Stern schon erlöschen sieht, gibt zu: "Ich lebe in einer Schattenwelt von Drogen, Schnaps und schrägem Sex". Der Erfolg der Platten bleibt aus und Umbesetzungen in der Gruppe folgen. Eine Truppe von drei Backgroundsängern schließt sich ihnen an, darunter auch Bolans zukünftige Freundin Gloria Jones.
1974 folgt ein Jahr der Trennung für Marc Bolan. Zuerst von seiner Frau und dann von seinem Produzenten Tony Visconti, der schon am Debut von Tyrannosaurus Rex mitgewirkt hat. 1975 erklärt er die T. Rex für aufgelöst, nachdem er einen Herzanfall erlitten hatte. Bis 1977 hält er sich dann zusammen mit Gloria Jones vorwiegend im Exil in den USA auf.
Als Guru der New Romantic-Welle kehrt er im Frühjahr desselben Jahres nach England zurück und erreicht mit dem Album "Dandy In The Underworld" noch einmal Beachtung. Jedoch mit geringem kommerziellen Erfolg. Bolan ist auf der Suche nach neuen Herausforderungen und beginnt, wöchentlich einen Artikel im "Record Mirror" beizusteuern. Auch im Fernsehen bekommt er mit eigener Musikshow "Marc" noch eine Chance geboten und zieht sogar namhafte Gasstars wie David Bowie oder Generation X hinter die Flimmerkiste.
Nach einer Party in London fahren er und Gloria Jones nach Hause. Seine Freundin verliert die Kontrolle über den Wagen und rammt einen Baum. Bolan ist sofort tot. Sein Einfluss als Erfinder des Glam-Rock ist damals nicht verstorben. Bis in die Gegenwart berufen sich andere Musiker wie Kiss, Blur, Pulp oder David Bowie - zumindest im optischen Erscheinungsbild – auf Marc Bolan und seine T. Rex.
Eine traurige Nachricht erreicht die Welt Anfang 2003: Percussionist Mickey Finn stirbt am 11. Januar im Alter von 55 Jahren. Die genaue Todesursache ist nicht bekannt, Finn litt aber an Nierenproblemen.
Im Vorfeld zu Bolans 43. Todestag erscheint der üppige Tribute-Sampler "AngelHeaded Hipster". Hal Willner, Ex-Musikverantwortlicher der US-TV-Show "Saturday Night Live", möchte Bolans Bedeutung als Komponist damit unterstreichen und von seiner Funktion als charismatischer Bühnenfigur wegführen. Während der Fertigstellung verstirbt der Strippenzieher. Mit der Betitelung "AngelHeaded Hipster" ist kein Hipstertum im Sinne der 2010er gemeint, sondern eine reichlich unübersetzbare Formulierung des Beat-Poeten Allen Ginsberg: "Angelheaded hipsters burning for the ancient heavenly connection to the starry dynamo in the machinery of night ...". Passend zur hier skizzierten "Maschinerie der Nacht" ist das Album-Artwork in tiefes Indigoblau getaucht, was auch zur Verträumtheit der Coverversionen passt.
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