laut.de-Kritik
Man wartet vergeblich auf die Zündung, da kann die Lunte noch so kurz sein.
Review von Alexander EngelenEr war ja schon tot. Der vermaledeite Dance Pop europäischer Prägung. Irgendwann hatte man hierzulande einfach genug von seichten Synthies, flach stampfenden Bässen und käsig flirrenden Melodien. Doch dann kam man kürzlich in Amerika auf die Idee, die verschmähte Ära der europäischen Musikgeschichte wieder aus der Versenkung zu holen.
Man flog nach Ibiza, schnappte sich ein paar CDs, die die dortigen DJs mit dem Allerwertesten nicht mehr angucken und kocht sich mit Unterstützung der Will.I.Ams und David Guettas sein eigenes Süppchen. Und das müssen wir armen Europäer jetzt ausbaden – inklusive Ace Of Base-Comeback.
Zu allem Überfluss nennt man das im Land der unbegrenzten Möglichkeiten futuristisch. Die Amis halt. Vintage Dance Pop trifft es genauer - auch wenn es einem bei so einem Oxymoron natürlich die Zehennägel aufstellt. Der Brite Taio Cruz ist im aktuellen Sound Comeback der kalorienarmen Tanzflächen-Verkostung also kein Einzeltäter. Schuldig im Sinne der Anklage aber allemal.
Trotzdem darf man ihm, ob seines Ansatzes den Mammut-Anteil des Albums selbst geschrieben, arrangiert und produziert zu haben, einen Funken Respekt nicht absprechen. "Dynamite", wie es der Opener von "Rokstarr" verspricht, ist daraus jedoch nicht geworden. "I came to dance dance dance/ I hit the floor cause that's my plans plans plans/ I'm wearing all my favorite brands brands brands/ Give me some space for both my hands hands hands." Bei solchen Lyrics wartet man vergeblich auf die Zündung, da kann die Lunte noch so kurz sein.
Hier wird Auto-Tune noch so benutzt als hätte es T-Pain nie gegeben. Hier feiern sich die Drei-Finger-Keyboard-Akkorde mit den Stroboskop-Synths aus der Konserve als beschreite das Partyduo Popcorn die Rock'n'Roll Hall of Fame. Hier wirbt man mit Ke$ha als Kollaborationspartnerin. "Rokstarr" ist Plastik-Pomp in Reinform, gemacht mit den Stilmitteln der trivialsten Pop-Handbücher.
Es geht von "Break Your Heart" über "I'll Never Love Again" zu "Falling In Love" und "Feel Again" – in dieser Reihenfolge. So poliert und berechnend der Sound ist, so erfolglos sucht man nach einem inhaltlichen roten Faden. Mit dem Schema bricht musikalisch lediglich ein mit E-Streichern unterlegter Breakbeat ("I Can Be") und inhaltlich eine süffisant auf den Kopf gestellte Ballade-turned-Schweinkram ("Dirty Picture feat. Ke$ha"). Da fällt es gar nicht mehr auf, dass für diese flachbrüstige Pop-Sause gar kein im Geschmacksexil lebender Ami verantwortlich ist, sondern der Brite Taio Cruz. Ja, haben die Euro-Insulaner diesen ganzen Mumpitz denn nicht mitbekommen?
Taio Cruz offensichtlich nicht – trotz seiner in die Kategorie 'Gebrandmarktes Kind der Neunziger' passenden 28 Jahre. Schamlos schabt er die Textbücher vergangener Dance Pop-Vertreter aus und manövriert die Haus/Maus-Reimspielereien grobmotorisch durch den elektrisierten Diskofox-Baukasten. "I know how to get down on the floor/ Experience these moves you can't ignore. Something about this beat has got me hooked/ Come over here and take a closer look – gibt es eigentlich sowas wie einen Songwriter-Berufsethos?
4 Kommentare
Ins Album hab' ich reingehört. 2 gehen in Ordnung. Ich finde immer noch, der beste RnB-Singer/Songwriter ist Craig David. Dieser hat zwar in den letzten Jahren von der Kreativität her nachgelassen, aber dafür hat er diesen in den 2000er-Anfangsjahren in England doch populären und damals neuen 2 Step ein bisschen nach Amerika gebracht. Aber die Stimme hat hohen Wiedererkennungswert. Das was mir an Taio Cruz an bisschen fehlt. Es klingt ziemlich alles gleich nach diesem amerikanischen Zeugs mit Jason Derulo usw.
schmonz. alles schmonz. i can be höre ich mir aber mal an, denke.
schmonz. alles schmonz. i can be höre ich mir aber mal an, denke.
drei gute songs