laut.de-Kritik

Art-Pop, Größe XL.

Review von

Wenn sich Großkaliber wie Die Zeit und der Focus intensiv mit einer Schweizer Band beschäftigen, dann steckt in der Regel mehr dahinter als plumpe Autoscooter-Vibes à la DJ Bobo oder grenzwertiges Alphornblasen im Stile der Mike Maurer-Crew.

Die Baseler Avantgarde-Popper The Bianca Story beeindrucken die hiesige Presselandschaft dieser Tage gleich doppelt. Zum einen durch das seit Wochen von der Öffentlichkeit begleitete Crowdfunding-Experiment, das den Eidgenossen letztlich 90.000 Euro in die Bandkasse spülte.

Dieses Geld floss komplett in die Produktion des Albums, das man sich dieser Tage für lau aus dem Netz ziehen kann. Da wären wir beim zweiten Paukenschlag angekommen, denn bei "Digger" handelt es sich nicht nur um eine weitere Platte einer Band, die fernab der Alpen bisher nur Wenige auf dem Schirm hatten, sondern um einen opulent arrangierten Rohdiamanten, der sich vor international bereits fertig geschliffenen Kollegen nicht zu verstecken braucht.

Mit wahlweise deutschem oder englischem – bisweilen auch kunterbunt gemixtem – gemischtgeschlechtlichem Singsang, einem ausgeprägten Hang zu theatralischen Arrangements und dem Gespür für griffige Harmonien schnürt die Band ein Art-Pop-Paket in der Größe XL.

Melancholische Bombast-Einwürfe ("Crescendo") treffen auf tanzbare Piano-Vibes ("Glück Macht Einsam") und verbünden sich mit zackigen Yello-Anleihen ("Does Mani Matter?") und in Hall gebetteten 007-Ausflügen ("No Fire Without A Flame") zu einem wilden Glamour-Mischmasch, für das eine passende Schublade noch gezimmert werden muss.

Zwischen trippelnden Piano-Themen springen akzentuierte Brit- und Mittelmeer-Gitarren im Dreieck ("Neon Sand", "Universe"), während die ausdrucksstarken Vocals von Elia Rediger und Anna Waibel in warmen Keyboardwelten Purzelbäume schlagen ("Gilgamesh Must Die! Part One").

The Bianca Story überlegen nicht lange – sie spielen einfach drauf los, ohne sich dabei in wirren Ekstasen zu verlieren. Alles was passt, ist erlaubt. Und hier passt so einiges.

Trackliste

  1. 1. Crescendo
  2. 2. Glück Macht Einsam
  3. 3. Guns & Kisses
  4. 4. Does Mani Matter?
  5. 5. Neon Sand
  6. 6. No Fire Without A Flame
  7. 7. Kick Back
  8. 8. You Sir
  9. 9. Universe
  10. 10. Gilgamesh Must Die! Part One
  11. 11. Dear Dead July
  12. 12. B/W

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