laut.de-Kritik
Black Sabbath auf Funk.
Review von Dani FrommNach einem selbstbetitelten Debüt und zwei Alben, die "II" und "III" hießen, hätte man eigentlich Wetten darauf abschließen können, wie die Budos Band ihren vierten Longplayer taufen wird. Doch auf Erwartungen setzen die Herren aus Staten Island seit jeher einen ähnlich großen Haufen wie auf musikalische Trends und die Frage, ob man sich denn nicht endlich doch nach einem Sänger umsehen wolle. ("Fuck, NO!") Also heißt "IV" eben nicht "IV", sondern "Burnt Offering". Das Album liefert trotzdem ein Paradebeispiel für das eherne Gesetz "Vier gewinnt".
Warum scheinbar alle Welt nur, weil die Budos das Durchzählen aufgegeben - oder zumindest ausgesetzt - haben, in "Burnt Offering" einen musikalischen Neuanfang hineininterpretieren möchte, erschließt sich mir nicht wirklich: Dieses Album wandelt, auch wenn Gab Roth die Finger bei der Produktion erstmals nicht mehr im Spiel hat, ganz eindeutig auf den Spuren seiner Vorgänger, wenngleich sich die Gewichtung der Einflüsse ein wenig verschoben hat.
Das Coverartwork illustriert treffend, womit man es zu tun bekommt: Skorpion und Kobra sind immer noch da, das rauchende Gefäß im Hintergrund gemahnt an den Vulkan vom Debüt. Nur handelt es sich bei all dem inzwischen um Accessoires. Die Hauptrolle spielt eine bärtige Gestalt im wallenden Kapuzengewand, die (doch hoffentlich nicht nur mich?) sofort an den Laternenträger aus Led Zeppelins namenlosem vierten Album denken lässt. Das heißt übrigens auch nicht "IV", jedenfalls nicht offiziell.
Der schwüle Vibe der letzten Platten bleibt erhalten. Noch immer stehen die prägnanten, edlen Bläser, flankiert von grandios zwingenden Basslinien und Schlagzeug, im Zentrum des Geschehens. Afrobeat und vor allem Soul treten allerdings inzwischen merklich zur Seite, um den Weg für psychedelische Rock-Sounds freizugeben, wie sie einst Black Sabbath lieferten - oder eben Led Zeppelin: Der Budos'sche "Stairway To Heaven" führt durch einen triefend feuchten Dschungel zu einem finsteren Spukschloss, "Paranoid" auf Funk.
Im Grunde eine logische Konsequenz aus den persönlichen Vorlieben, aus denen die Musiker noch nie einen Hehl machten: Über die Liebe zum Hip Hop und seinen Beats sei man auf die Samplequellen und darüber auf Soul und Afrofunk gestoßen, erklärte Drummer Brian Profilio einmal der Village Voice. Aber: "Wir sind mit Metal und Punk aufgewachsen." Bis auch das im Klangbild der Truppe durch die Oberfläche bricht, konnte es sich also eigentlich nur um eine Frage der Zeit handeln.
Die beredten Tracktitel wären gar nicht nötig gewesen, um die Assoziationen im Rudel durch den Kopf zu scheuchen. Akustische Nebelschwaden und schillernde Effekte lassen den Opener "Into The Fog" klingen wie den Soundtrack zu einem vergessenen Schwarz-Weiß-Sci-Fi-Streifen oder einem alten Horrorfilm. Dazu passten auch die "Sharttered Winds", die gespenstisch über die Szenerie wehen. Die schräge Orgel, die auch im Blues-geschwängerte "Trail Of Tears" oder auf dem "Magus Mountain" zum Einsatz kommt, setzt der geisterhaften Atmosphäre die Krone auf.
Zu den längst zum Markenzeichen der Budos Band avancierten Bläsern und den darunter weg mäandernden Bassläufen gesellt sich auf "Burnt Offering" schwerer 70er-Jahre-Gitarrensound, kratzig und roh, aber trotzdem kunstvoll ausgearbeitet und aufgeladen mit Bedeutung. Im Titeltrack bekommt der Schlagzeuger seinen Moment, an anderer Stelle machen Gitarre, Bass oder auch einmal ein Saxofon aus dem Bandgefüge einen Schritt nach vorn. Die volle Wirkung, der texturreiche, berückende, fiebrige fliegende Grooveteppich, ergibt sich allerdings aus dem virtuosen, völlig organisch wirkenden Zusammenspiel der Akteure.
"Magus Mountain", etwa: ein wahres Epos. Erst flirrt einem die Gitarre um die Ohren. Bass und Orgel gesellen sich dazu, gefolgt von der Bläsersektion. Pompös und zugleich erdig windet sich die Nummer den Berg hinauf wie eine Serpentinenstraße. Immer wieder fällt der Blick auf das gleiche Panorama, allerdings aus unterschiedlichen Richtungen und Höhen, immer neuen Perspektiven. Gute fünfeinhalb Minuten später hat - wie auch auf dem ganzen Rest der Platte - keine Sau einen Sänger vermisst. Statt dessen regiert das Bedauern darüber, dass das Stück doch schon zuende ist. Nochmal - und dann das komplette Album nochmal! Die Details, die es noch zu entdecken gibt, reichen noch für zahllose weitere Durchläufe.
1 Kommentar
Nice!