laut.de-Kritik
Für die Genre-Rettung braucht's ein Dutzend Schmerztabletten.
Review von Kai ButterweckEs braucht schon diverse Durchläufe, um wenigstens einem Bruchteil der unzähligen Puzzleteile des neuen TDWP-Albums "8:18" Herr zu werden. Das schreit zwar spätestens nach dem dritten Durchgang nach dem einen oder anderen Ibuprofen-Einwurf, doch schlussendlich lohnt sich die Tortur dann doch – zumindest teilweise. Man muss der Band jedenfalls die Unermüdlichkeit zugute halten, mit der sie versucht, ihrem gehuldigten Genre wieder etwas auf die Beine zu helfen.
Dabei setzen die Krawallo-Nerds aus Ohio alles auf die Alles-in-den-Topf-und-kräftig-umrühren-Karte. So entstehen dann kurzatmige Schnellschuss-Chaoten wie "Gloom", "War" oder auch "Sailor's Prayer" – Songs, die zwar keiner geläufigen Struktur folgen und sich am ehesten mit außer Kontrolle geratenen Planierraupen vergleichen lassen, aber dennoch für gespitzte Ohren sorgen.
All die wütend zusammengewürfelten Breaks und Tempi-Wechsel, die sich wie meterdicke Betonwände hinter den brachialen Gitarren und dem wahlweise keifenden oder grunzenden Gebrülle an vorderster Front aufbauen, verursachen beim Hörer ein Lust-und-Schmerz-Gefühl. Letztlich ist es vor allem die technische Versiertheit und das Gespür für akzentuierte Finesse, welche die beanspruchten Gehörgänge bei der Stange halten.
Doch es gibt auch zahlreiche Momente, in denen der Schmerz die Lust in die Knie zwingt und mit gequälten Melodic-Passagen ("Rumors", "Black & Blue") oder allzu uninspiriertem Psycho-Gedresche ("Transgress"), vieles von dem zunichtemacht, was an anderer Stelle mühsam aufgebaut wurde. Übrig bleiben unzählige Fragezeichen.
Was macht man mit einem derart ungestümen Metalcore-Gebilde? Hält man es den schwächelnden und orientierungslosen Branchenkollegen vor die Nase und präsentiert es ihnen als eine eventuelle Option für die Rettung vor dem endgültigen Absturz? Oder aber schüttelt man den Kopf und beschwert sich wutschnaubend bei den Verantwortlichen für die horrende Apotheken-Rechnung? Ich entscheide mich für Ersteres, auch wenn mir die kleinen Oberärzte des Hirnareals, welches sich die vergangenen vierzig Minuten mit diversen Schmerzattacken auseinandersetzen musste, einen dicken Vogel zeigen
1 Kommentar
Ich finde die Kritik gerechtfertigt. Ich muss sagen, dass es für mich ein sehr ambivalentes Album ist, das mir in den ruhigeren Passage doch deutlich besser gefällt. Hier wird wieder einmal mehr deutlich, dass man Geschrei nicht mit Emotion verwechseln darf. Für mich ist das dann einfach kein Ausdruck mehr. Man hat da teilweise schon das Gefühl mit einem Vorschlaghammer bearbeitet zu werden. Manch einer mag das ja mögen, und natürlich ist das auch dem Genre geschuldet, aber auf Dauer ist mir das dann doch zu viel. Ein bisschen mehr Struktur oder gar Mäßigung hätte da wahrlich gut getan. Es scheint mir, dass da viele Ideen und Gefühle zum Ausdruck kommen wollen, aber alles ein bisschen zerfasert ist. Alles in allem aber ein interessantes Album und definitiv ein Weg in die richtige Richtung!