laut.de-Kritik
Die Ska-Core-Könige lassen Beine und Seelen baumeln.
Review von Kai ButterweckLange nichts mehr von The Mighty Mighty Bosstones gehört? Geht mir genauso. Letztmalig traten die Bostoner Ska-Core-Könige um Frontgröler Dicky Barrett im Jahr 2011 mit "The Magic Of Youth" in Erscheinung. Das ist selbst für eine Band, die in ihrem selbstkreierten Genre den Legenden-Status innehat, ein ganz schön langer Zeitraum.
Explizite Gründe für die lange Pause gab es nicht. "Wir orientieren uns nicht mehr am Kalender. Für ein neues Album muss einfach alles passen", gab Sänger Dicky Barrett vor einigen Wochen zu Protokoll.
Zu Beginn des Jahres 2018 schien dann endlich mal wieder alles zu passen. Gemeinsam mit Produzent Ted Hutt (The Gaslight Anthem, Dropkick Murphys) verbarrikadierte man sich im Studio und werkelte an Album Nummer zehn. Ein gutes halbes Jahr später liegt das Resultat namens "While We're At It" nun auf dem Tisch – ein Album, das in puncto Sound und Atmosphäre sogleich mit der Tür ins Haus fällt.
Inhaltlich gewohnt gewitzt und sarkastisch legen die Bosstones mit "Green Bay, Wisconsin" los wie Feuerwehr. Punk- und Ska-Fans sind entzückt. Da ist sie endlich wieder: die perfekte Melange aus beiden Lagern. Während sich die Gitarren und Bläser im Background duellieren, peitscht Frontröhre Dicky Barrett alle Tanzwütigen durchs Wohnzimmer. Dieselbe Rezeptur bringt auch vier Minuten später alles zum Kochen ("Wonderful Day For The Race").
Mit dem groovenden "Unified" tritt die Band den Mittelteil des Albums los – allerdings mit gemütlichen Flip Flops an den Füßen. Plötzlich ist irgendwie die Luft raus. Mal abgesehen vom flotten Hüpfer "The West Ends" hinterlässt kein weiterer Song sonderlich große Spuren mehr.
Viel Chill-Area-Ska, ein bisschen Swing, eine Prise Jazz: Die Bosstones lassen Beine und Seelen baumeln. Erst gegen Ende des Ganzen schießt Gitarrist Lawrence Katz nochmal ein paar bratende Powerchord-Salven aus der Hüfte ("In Honor Of", "Hugo's Wife"). That's it! Noch ein langgezogenes All-in-one-Potpourri ("After The Music Is Over"), und dann winkt der Neuner auch schon wieder zum Abschied.
Nach knapp fünfzig Minuten kratzt man sich schon ein bisschen am Kopf. Sicher, zwei, drei Highlights haben die Bosstones im Hochsommer 2018 am Start. Auch produktionstechnisch und in puncto Zusammenspiel meckert man hier – wenn überhaupt – auf allerhöchstem Niveau. Und trotzdem fehlt irgendwas. Vielleicht hat man sich nach sieben Jahren Funkstille einfach ein paar mehr Knaller der Sorte "Green Bay, Wisconsin" erhofft.
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