laut.de-Kritik

Wenn Tom Cruise weint ...

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Make-it-or-break-it-time: 2007 ist das Jahr der Zweit-Alben: Bloc Party machten den Anfang, die Kaiser Chiefs folgten, auch Maximo Park und die Arctic Monkeys stellen sich und ihre musikalischen Künste unter Beweis. Ebenso das Ost-Londoner Whitechapel-Quartett The Rakes, die mit "Ten New Messages" eine gereifte, abwechslungsreiche Folge-Platte nachlegen und der Binsenweisheit "Angstmacher zweites Album" damit einmal mehr eine klare Absage erteilen.

Laut Sänger Alan Donahue ist die LP "inspiriert von einer Kombination aus choraler Musik, der TV-Serie '24', James Bond-Melodien, Dichtern des ersten Weltkriegs und den Sugababes". Eine derartige Mischung klingt zugegeben recht abstrus, das Resultat ist jedoch äußerst hörenswert. Auch wenn ich nicht alle der angesprochenen Quellen eindeutig zuordnen kann, hier und da scheinen die Vergleiche sehr passend, etwa wenn die Band "The world was a mess but his hair was perfect" anstimmen – na, wenn das mal keine Huldigung an Geheimagent 007 ist?!

Das Opener-Zitat mit dem straighten Allwetter-Haarlook trifft allerdings auch auf die meisten Tom Cruise-Filme zu. Dessen Schauspielkünste stehen wiederum im Mittelpunkt eines anderen Rakes-Tracks. "When Tom Cruise Cries" legt den Fokus auf Bass und Gitarre und beschließt mit ausgiebigem Instrumental-Outtro. Besonderes auffällig sind auch die vielen mehrstimmigen Gesangsparts, so zum Beispiel in "We Danced Together" oder "Trouble", das stark an die Rifles erinnert. Alan, Matthew, Lasse und Jamie trällern mal gemeinsam, mal gestaffelt, auch mal mit weiblicher Unterstützung, doch im Mittelpunkt steht stets Frontmann Donahue und dessen charakteristisch kratzig-vibrierende Stimme.

"We Danced Toghether" ist zweifelsohne einer der besten Songs des Albums. Er besticht durch einen eingängigen Refrain und viel Achtziger-Attitüde – inklusive Soundeffekten und poppigem Backgroundgesang. Der Track ist sehr energetisch und daher ungeheuer tanzlastig. Ab und an greifen die Rakes auch etwas kräftiger in die Seiten, etwa in "Time To Stop Talking" oder "Down With The Moonlight", die schmissiger daherkommen. Insgesamt ist das Album jedoch weitaus ruhiger und weniger gitarrenlastig als das Debüt "Capture/Release". Weniger spröder, polternder Rock, dafür hier und da etwas mehr Synthiepop-Allüren verleihen dem Indie-Alternative-Mix eine extravagante und frische Note.

Doch "Ten New Messages" klingt nicht nur New Wave-lastiger, sondern auch experimenteller als der Vogänger. "Suspicious Eyes" überrascht erstmals mit lieblichem Frauengesang. Ob das auf die Inspirationsquelle Sugababes zurückzuführen ist? Sängerin Laura Marling erinnert klanglich jedoch eher an die Client- oder Ladytron-Frontdamen. Gesangsunterstützung liefert zudem der asiatische Rapper Raxstar, den die Rakes bei Myspace entdeckten. In "Down With Moonlight" und "When Tom Cruise Cries" greift das Quartett außerdem auf ungewöhnliche, geheimnisvolle Morse-Sounds zurück – Albumtitel und Cover führen das analog weiter.

In zehn neuen Botschaften zeigen die Rakes, dass sie sich weiterentwickelt und ihren einstmals spröden Sound zurechtgefeilt haben. Die Songs klingen klarer, ausformulierter und deshalb auch runder als bisher. Zwischen wavigem Post-Punk und melodischem Indie-Rock bestechen die Tracks vor allem durch witzige Mitsummmelodien sowie ebenso humorvolle, aber auch intelligente Lyrics. Das Ganze mit allerlei Liebe zum Detail bzw. vielen musikalischen Feinheiten versehen, macht "Ten New Messages" eindeutig zu einem der abwechslungsreichsten und amüsantesten Zweit-Alben der letzten Zeit.

Trackliste

  1. 1. The World Was A Mess But His Hair Was Perfect
  2. 2. Little Superstitions
  3. 3. We Danced Together
  4. 4. Trouble
  5. 5. Suspicious Eyes
  6. 6. On A Mission
  7. 7. Down With Moonlight
  8. 8. When Tom Cruise Cries
  9. 9. Time To Stop Talking
  10. 10. Leave The City And Come Home

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