laut.de-Kritik
Ein intergalaktischer Roadtrip mit Durststrecken.
Review von Bine JankowskiEs gibt Lieder, die schreiben Musiker so nebenbei. Beim Bügeln, Unkrautjäten und nach dem zehnten sehnsüchtigen Blick in Richtung Mattscheibe. Solche Songs klingen genauso lustlos wie ihre Schöpfer - und oft stehen sie letztendlich als B-Seite neben dem eigentlichen Hit. Remixversionen zeugen meist von gänzlich flötengegangener Ambition. Karaoke fällt aufwandstechnisch in die unterste Kategorie der Singledekoration und häuft sich deswegen besonders bei schnappenden Krokolederhandtaschen und furzenden Fröschen.
The Soundtrack Of Our Lives halten dagegen. Ihre B-Seiten-Sammlung "A Present From The Past" beweist Spielfreude. Die Mixtur aus B-Seiten, den Songs ihrer zahlreichen EPs und einer handvoll neuer Beiträge bezeichnen die Schweden selbst als langen, intergalaktischen Roadtrip. Sie behalten Recht, denn bei ganzen 32 Songs lohnt fast schon einmal Mond und zurück - auch wenn sich ab und zu ein paar Durststrecken einschleichen.
Der Opener "Dog Days" vertröstet mit einem verschlafenen Bass, bis sich "Galaxy Gramophone" warmgelaufen hat. Doch auf soviel kratzige Aufmüpfigkeit und ungeschliffene Kompositionskunst warte ich gerne. Eine akustische Abklingphase und ein psychedelisches Räucherstäbchenanzünden ("Can't Control Myself") später, steht "Infinite Zero" in den Startlöchern. Klingt ein wenig wie die Foo Fighters im Halbschlaf, aber trotzdem sympathisch. Eine verspielte Orgel erlaubt sich "Not Kinda Worried" und treibt mir mit seiner ansteckenden Entspanntheit entgegen.
Sollte ich mich immer noch auf einem Roadtrip befinden, dann teleportiert mich "To Somewhere Else" jetzt direkt in ein verrauchtes Motel zum verkaterten Raoul Duke aus "Fear And Loathing In Las Vegas" und mit Blick auf ein völlig verwüstetes Zimmer. "Avenger Hill Street Blues" arbeitet mit pilzkopfbewährten Chören, hat aber durch die hallende Stadionrockattitüde weder mit den Liverpoolern noch mit Blues etwas am Hut. Spielkonsolen im Rotlichtmilieu klingen abgedreht. Das machen mir jedenfalls die elektronischen Sitarklänge in "Playstation Bordello" gegen Ende der ersten Disk weis.
Zu Beginn der zweiten Halbzeit schmeißen TSOOL wieder die Orgel an. Dynamik schreibt das Tasteninstrument doppelt so groß und besonders nach dem Verstummen des Retrosounds lässt "Dow Jones Syndrome" an große Rockopern denken. "Greatest Hit Providers" dreht mit Erfolg an den Spannungsreglern, TSOOL regnen in einem großen Stimmungsgewitter auf den Hörer nieder. Auch "James Last Experience" und "Still Get Around" überzeugen in ähnlicher Manier - womit sich vergleichsweise eindeutig mehr Glanzlichter auf dem zweiten Teilstück von "A Present Of The Past" befinden.
TSOOL packen mit diesem Album die Gelegenheit am Schopfe, alle B-Seiten und ihre EP-Songs in ein schlüssiges Gewand zu hüllen. Trotzdem versteht man nach Verklingen des letzten Stückes, warum die gänzlich neuen Songs es nicht auf das kommende Album "Origin Vol. 2" geschafft haben.
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