laut.de-Kritik
Erwachsenwerden macht erstaunlich viel Spaß.
Review von Benjamin TrollDie Rock-Welt horchte auf, als Anfang der 2010er-Jahre drei Teenager aus Island ihre ersten Veröffentlichungen los ließen. Ausgestattet mit jugendlichem Elan und Spieltrieb auf der einen, massenhaft Wissen über die Rock-Historie auf der anderen Seite, rollten The Vintage Caravan fortan den Retro-Rock von hinten auf. Zehn Jahre später steht Longplayer Nummer fünf an und man mag kaum glauben, dass die drei Jungs noch nicht mal 30 Jahre alt sind. Die neue Platte belegt eine Entwicklung, die schon dem Vorgänger "Gateways" anzumerken war: The Vintage Caravan werden erwachsen.
Der Opener "Whispers" gibt die Marschrichtung vor. Opulenter und weniger verspielt geht es zu, garniert mit etwas Orgel entsteht ein straighter Rock-Song. Trotzdem ist die Handschrift der Isländer klar erkennbar. "Crystallized" startet ungewohnt bluesig und geheimnisvoll, fast fühlt man sich an "Pink Panther" erinnert. Besonders lange halten die drei die ruhige Gangart allerdings nicht durch. Klassische Riff- und Tempowechsel bestimmen den Song. Ihre Retro-Wurzeln streift die Band auch hier nicht ab, es herrscht aber mehr Klarheit als noch auf früheren Veröffentlichungen.
Das neue Rezept kommt auch auf "Can't Get You Off My Mind" und "Dark Times" zum Tragen. Treibende Riffs kombiniert mit eingängigen Refrains wechseln sich ab mit tragenden Passagen. Im Detail passiert nicht mehr so viel wie früher, was die Songs auf der einen Seite eingängiger und erwachsener macht. Der Entdeckungsreichtum für den Hörer bleibt dafür etwas auf der Strecke.
Dass The Vintage Caravan auch die ruhigen Töne beherrschen, haben sie schon früher bewiesen. Zu einem kleinen Bruch mit bisherigen Gepflogenheiten kommt es allerdings bei "This One's For You". Die Ballade bleibt vom ersten bis zum letzten Ton ruhig, kein Ausbruch, kein Aufbäumen mehr. So richtig mag der Song nicht auf ein Vintage Caravan-Album passen. Aber wie Oskar so schön singt: "I understand."
"Forgotten" schielt ganz unverhohlen auf die Stadionbühne. Langsam nimmt der Song fahrt auf, zeigt alle Werkzeuge im Katalog der Isländer auf, um dann in einem echten Mitsing-Refrain zu münden. Live-Opener für die Zukunft gefunden! Auf "Sharp Teeth" kehrt die Band zur unbändigen Kraft ihrer ersten Veröffentlichungen zurück. Ein Killer-Riff, verziert mit kleinen Feinheiten hier und da und ordentlich Power in der Hose. Unterbrochen wird die wilde Fahrt von einer typisch ruhigen und sphärischen Passage, die der stimmlich hörbar gereifte Óskar Logi Ágústsson trägt.
Auf "Hell" gehen sie kurz vom Gas, ohne zu viel Tempo aus dem Album zu nehmen. "Torn In Two" geht im Kontrast dazu in die Vollen. Wechsel in Rhythmus und Tempo lassen den Song zunächst sperrig wirken, dafür erinnert er an die Vergangenheit. Zum Abschluss des Albums hauen Óskar, Stefán und Alexander mit "Said & Done" zunächst ein hoch dynamisches Brett raus, verziert mit allerlei Gitarren-Skills und Rockstar-Attitüde, bevor "Clarity" als monumentale Hymne dem Albumtitel alle Ehre macht.
"Monuments" zeigt, dass hier keine Teenager in ihrer jugendlichen Drangphase mehr am Werk sind, sondern ernsthafte und erwachsene Musiker mit Gefühl für Songwriting und Abwechslung. Am Ende ihres Weges sind The Vintage Caravan noch lange nicht.
1 Kommentar
Zu unrecht ein Geheimtipp die Bande hier von der Feeninsel! Sicher kommt das Vintage nicht von irgendwo, hier wird aber kraftvoll und frisch präsentiert aber ohne Plagiatsgeruch. Wer jetzt noch zweifelt, sollte unbedingt mal live antesten, dass sollte dann alle Zweifel ausräumen! 4/5