laut.de-Kritik

Die besten Tage klingen natürlich nach Sonic Youth.

Review von

Bisher wusste man vor einem Thurston Moore-Album eigentlich immer wie es klingt. Ganz ähnlich wie sein Kumpel J Mascis hat auch Moore seine laute Hauptband und ist solo lieber ein bisschen leiser. Auf seinem letzten Album "Demolished Thoughts" wob der Amerikaner sogar Geigen und Bratschen in seinen Folkrock mit ein.

2011: The year punk died. Thurston trennt sich von seiner Frau Kim Gordon und beendet damit vorerst das Kapitel Sonic Youth. "Es ist momentan schwer vorstellbar, zusammen zu arbeiten. Wir wissen nicht, wie die Zukunft aussieht, und wir sprechen auch nicht darüber. Mit Steve und Lee stehe ich aber in freundschaftlichem und konstruktivem Kontakt", äußerte sich Moore kürzlich zur ungewohnten RTL Exclusiv-Causa, die Millionen ernsthafte Musikfans interessiert.

Den Worten lässt er sogleich Taten folgen: Zum Line Up von "The Best Day" zählt SY-Drummer Steve Shelley, der auch in der Band des anderen Sonic Youthers Lee Ranaldo trommelt. Seit Herbst 2011 veröffentlichte Moore ein Album mit dem Projekt Chelsea Light Moving, Kim Gordon eines mit Bill Nace als Noise-Duo Body/Head. Beide waren als trostspendendes Klangerlebnis unbrauchbar.

Das alles ändert sich nun mit "The Best Day". Man kann es nicht anders formulieren: Thurston Moore spielt wie befreit auf und versöhnt alle, die immer noch nicht glauben wollen, dass die Noise-Legende wohl keine Zukunft mehr hat.

Schon alleine, wenn er in "Speak To The Wild" eine Minute lange seelenruhig Gitarrentonfolgen wie Regentropfen perlen lässt, bevor er auf den restlichen siebeneinhalb Minuten diese lässigen Thurston Moore-Bögen schlägt, je nach Laune Strophe-/Refrain-Mustern folgt, um dann wiederum repetitive Strukturen aufzugreifen, und auf scheinbar hinter sich gelassene Motive einfach wieder zurückkommt.

Nicht ganz so zugänglich präsentiert sich das zunächst widerborstige "Forevermore". Auf dem mit elf Minuten klar längsten Stück der Platte verpasst es Moore dafür nicht, seiner Gefolgschaft in überraschend persönlichen Zeilen mitzuteilen, dass es ihm privat in seiner neuen Heimat London nun hervorragend geht ("That's why I love you forevermore / that's why I want you forevermore").

Das bereits vorab veröffentlichte "The Best Day" ist vielleicht der eingängigste Song des Mannes seit "Reena", dem das Kunststück gelingt, trotz all der zahlreichen Trademarks frisch und spannend zu klingen. Es ist der zentrale Song des Albums, auf dessen Cover Moores Mutter mit ihrem Hund zu sehen ist, fotografiert von seinem Vater. Für Moore "ein perfekter Tag im Leben meiner Eltern".

Der Gitarrist hat sich also viel Zeit genommen, um zurück zu blicken und zu reflektieren, und vielleicht mündete diese Selbstbetrachtung auch in die nostalgisch ausgefallenen Songs, die wir uns so von ihm gewünscht haben. Ausufernde Jams ("Grace Lake"), 80s-Verbeugungen ("Detonation") und ein schwer fassbarer Melodienreichtum, der teilweise an das kolossale "Murray Street"-Album erinnert, lassen letztlich nur einen Schluss zu: Thurston Moore geht es gerade unverschämt gut.

Trackliste

  1. 1. Speak To The Wild
  2. 2. Forevermore
  3. 3. Tape
  4. 4. The Best Day
  5. 5. Detonation
  6. 6. Vocabularies
  7. 7. Grace Lake
  8. 8. Germs Burn

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