laut.de-Kritik
"Put your lighters up!" Nö. Dafür nicht.
Review von Dani Fromm"Timbo and friends in the house tonight", verspricht DJ Felli Fell im Intro. So weit, so gut: Die Gästeliste knausert zumindest nicht mit bekannten Namen. Des Hype-Mans anschließende Aufforderung "Gimme some that I like!" bleibt jedoch ein frommer Wunsch.
Oh, Timbaland - was machst Du da bloß? "Shock Value II" liefert eine erschreckende Demonstration dessen, was dabei heraus kommt, wenn einem eigentlich mit Gespür für Rhythmen, Melodien und Details überreich gesegneten Produzenten die Ideen ausgehen. Uninspirierter klangen Timbaland-Beats selten, überholt tönt es zum ersten Mal. Den einzigen Eindruck, den immer neue Zusammenstellungen von Retortenclaps, Synthiegedudel und im Hintergrund-Chor "Hey! Hey!" skandierenden Homeboys hinterlassen: der des tausendfach Gehörten.
Nach der Hälfte der Spielzeit beschleicht mich der Eindruck, in einer Dauerschleife mit einem einzigen Song gefangen zu sein. Der Umstand, dass Gäste wie Nickelbacks Chad Kroeger ("Tomorrow In A Bottle") oder Teenie-Sternchen Miley Cyrus ("We Belong To The Music") aus durchaus unterschiedlichen musikalischen Ecken gekrochen kamen, ändert daran wenig.
Die Vocals setzen dem Ärgernis die Krone auf: So gut wie keinen Gesangspart lässt Timbaland ungeschoren. Überall muss er einen unsäglich ausgelutschten, anstrengenden, überflüssigen Stimmverzerrer-Effekt darüber legen. Es ist ein Graus.
Das Aufgebot der Gastkünstler verkommt so vollends zum Namedropping. Glücklicherweise hält sich der Verlust bei gesanglich ohnehin überschätzten Kollegen wie Katy Perry in Grenzen. Miley Cyrus könnte vielleicht mal jemand stecken, dass sich ein Mangel an Eigenständigkeit selten mit greller Überspanntheit wettmachen lässt. Bis zur Erkenntnis bitte zurück nach Disneyland.
Bewährte Mitstreiter wie Justin Timberlake ("Carry Out") oder Nelly Furtado ("Morning After Dark") setzen keinerlei frische Akzente. Besonders der seelenlose Auftritt letztgenannter verkommt zum faden Wieder-Aufguss von "Give It To Me" aus der ersten "Shock Value"-Runde.
Einzelne Perlen, wie sie damals noch aufgefahren wurden, sucht man auf "Shock Value II" ebenso vergebens wie einen roten Faden. Klingt bis zur Mitte noch alles ermüdend ähnlich, bricht das Konzept - sollte es überhaupt eins gegeben haben - anschließend komplett auseinander.
Die willkommene Abwechslung, die die Akustikgitarre zu Beginn von "If We Ever Meet Again" mitbringt, bewährt sich nicht: Der anfangs angerissene Singer/Songwriter-Touch verliert sich in einer stampfenden Produktion, der das Abrutschen in billigste Eurodance-Schlumpftechno-Beats den Gnadenschuss verpasst.
"Can You Feel It" hört sich an, als habe man die allgegenwärtigen Claps zusammen mit einer Melodie aus einem Italowestern in mehrere Lagen Frischhaltefolie gewickelt. Die pianolastige Kollaboration mit The Fray - überflüssig extra zu betonen, dass auch hier ein nutzloser Effekt den Gesang verhunzt - endet in profaner Sülze.
Wundervoll klickert und klackert "Long Way Down", ehe eine E-Gitarre die Stimmung zerfetzt und das erstklassige Rhythmusgerüst einer schnöden Rock-Nummer zum Fraß vorgeworfen wird. Daughtry und Band leisten Beihilfe zum Beat-Mord.
"The One I Love" mit Keri Hilson bedient sich ungeniert - ältere Semester werden sich erinnern - bei "Popcorn". Das Sample aus "Maniac" ruft unschöne Gedanken auf den Plan: zum einen an Nelly Furtados zufälligerweise ebenfalls von Timbaland gestricktes "Maneater", zum anderen an einen panisch hampelnden Alexander Klaws.
Für letzteres kann Mr. Mosley ausnahmsweise nichts. Er muss sich jedoch den vergeblichen Versuch ankreiden lassen, den "Apologize"-Erfolg mit One Republic wiederbeleben zu wollen. Mit "Marching On" ging dieses Vorhaben gründlich in die Hosen. Reißt schon der Ansatz nicht vom Stuhl, raubt der Chorus der Nummer vollends jeden Charme.
Auf der Haben-Seite bleiben "Shock Value II" der dunkle Rap-Part in "Meet In The Middle", die unerbittliche Grundstimmung von "Tomorrow In The Bottle" sowie die abschließende "Symphony" mit Attitude, Bran' Nu und D.O.E.: viel zu wenig für einen Produzenten vom Schlage eines Timbaland. "Put your lighters up"? Nö. Dafür nicht.
119 Kommentare
hätte man was anderes erwartet nach dieser UNGLAUBLICH nervigen vorab singel mit nelly furtado...
Die Single gefällt mir, aber das Album scheint im Vergleich zum Vorgänger wirklich stark zu floppen.
Hoffentlich hat sich dieser Hype endlich mal totgeritten. Ich meine der Kerl ist auf seinem Gebiet sicher gut, aber diese entsnervigen Autotune/Clap Geschichten gehen einfach auf die Nüsse. Wo ist der ehrliche, seichte Radiopop geblieben?
Du wist jetzt endlich schweigen, geh ja g Dich hoch und finde 98 Jungfrauen, Du Schwerenöter
RIP Deso:
http://www.youtube.com/watch?v=1uwOL4rB-go
"are you... my virgins?".