laut.de-Kritik
Zu solchen Klängen lauern Mörder in dunklen Gassen.
Review von Josef GasteigerFacebook, der Film. Pinnwände, Farmville oder "gefällt mir" auf Spielfilm-Länge? Nichts dergleichen. Um Oberflächlichkeiten dieser Art zu vermeiden, holte man Regisseur David Fincher ins Boot, der wiederum nur einem die musikalische Umsetzung seines Films zutraute: Trent Reznor.
Auf 19 instrumentalen Tracks unterlegte der NIN-Kopf in Zusammenarbeit mit seinem langjährigen Studiopartner Atticus Ross die Entstehungsgeschichte der größten Socialmedia-Plattform. Wie bei dieser Besetzung schon zu erwarten, ist der Soundtrack keine stimmungsvolle Party-Musik für den Strand und kein üblicher Orchester-Score. Auch simpler College-Rock würde dem Film trotz Studenten-Umfeld nicht in den Kram passen. Stattdessen lieferte das Duo einen reduzierten Ambient-Soundkosmos mit der typischen Reznor'schen Detailverliebtheit, die sich erst im Kopfhörer voll entfaltet.
Einsame Piano-Töne und wegbrechende Streicher erzeugen eine beklemmende Eröffnungssequenz in "Hands Cover Bruises". Normalerweise lauern zu solchen Klängen Mörder in dunklen Gassen auf ihre Opfer, und dieses Gefühl lässt einen bis zum Schluss auch nicht mehr los. Die düstere Grundstimmung des Soundtracks verstärkt die der Bilder auf der Leinwand, die von Unsicherheiten, Freundschaften und Neid erzählen.
Auch die erdrückenden Zweifel der Protagonisten an ihrem selbst erschaffenen Monster spiegeln sich im Sound wieder. Pulsierender Elektro auf "In Motion" hält plötzlich inne und blickt sich unsicher um. Erste Industrial-Motive greifen im Ghost IV-Remix "A Familiar Taste" die Süffisanz der elitären Studentenpartys auf, wobei der Track trotz Ähnlichkeit nicht an "Just Like You Imagined" herankommt. Und das verwobene "Complications with an Optimistic Outcome" strahlt passenderweise gegen Ende einen Funken Optimismus aus.
Dazwischen greifen Reznor und Ross öfter zu spärlichen Klavierklängen, die von waberndern Synthie-Wolken umgeben sind. Aber auch Gitarrengeschrammel schraubte das Duo in die relaxte Groove-Fassung von z.B. "On We March". Perfekt inszenierte Spannungsbögen tun das Übrige, aber das ist bei Reznor sowieso schon Routine. Richtige Elektrogewitter bleiben meist aus. Das alles wird zu einer richtig dichten Atmosphäre, die viel Platz für den Film lässt.
In den Vordergrund spielt sich nur "In the Hall of the Mountain King", das die dialoglose Regatta-Szene unterlegt. Das Original des klassischen Komponisten Edvard Grieg wird in der elektrifizierten Version Reznors zur modernen Musik für die Geisterstunde. Bedrohlich und imposant steht die bekannte Melodie in starkem Kontrast zum restlichen Material.
Im Vergleich zu seinem Nine Inch Nails-Werk hält sich Reznor auf "The Social Network" vornehm zurück. Eine besondere Note drückt er dem Film durch diesen Soundtrack trotzdem auf.
14 Kommentare
Skandal! The Social Network gefällt mir um längen besser als Ghosts.
Ja wirklich - SKANDAL!
Den Ghosts kann dieser ST nicht ansatzweise auch nur an die Füße packen.
@Sancho (« @Bimsbirne (« Ein unglaublicher Film und ein sehr atmosphärischer Score! »):
Wow wir sind mal einer Meinung »):
Ich streite mich zu gerne mit dir, aber in dem Fall gibts keinen Diskussionsspielraum ^^
Diese Wertung von nur 3 Punkten regt mich echt auf
heul doch