laut.de-Kritik

Lieber eine doppelte Portion Nihilismus.

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Auch wenn es die vier Bad Bentheimer nicht mehr hören können: Sie klingen auf "The Boring Years" wie schon beim Debüt "The Royal Gene" zuallererst nach Nirvana. Besonders die Brecher "Request, "Chinahead" und das auch stimmlich sehr an die Seattle-Schule gemahnende "Laburnum" zitieren unverblümt das Grunge-Alphabet. Was gar nicht weiter schlimm ist, mal abgesehen von nervigen Journalistenphrasen wie "Die deutsche Antwort auf …", die das mit sich bringt. Denn Union Youth wissen verdammt gut, was sie da tun. Die Verzweiflung eines Kurt Cobain muss man schließlich erst einmal so authentisch wie Sänger und Gitarrist Maze abbilden. Außerdem ist der Platte ihre deutsche Herkunft in keiner Sekunde anzumerken.

Dass der Vierer internationale Marktreife besitzt, bewiesen schon die Signing-Versuche eines gewissen Fred Durst. Das Rotkäppchen aus den Staaten geiferte vor ein paar Jahren um die Unterschrift bei seinem Label Flawless Records. Das große Geld und Tourneen im Tross des Mentors winkten. Doch Maze, Orion, Bowy und Nosse entschieden sich sympathischerweise gegen Flawless und für Eastweast. Mittlerweile stehen Union Youth bei Eat The Beat unter Vertrag.

Weiterer Pluspunkt von "The Boring Years": Die unprätentiöse Direktheit. "Yeah" bricht los, dicht wie früher Harald Juhnke kurz nach Mitternacht. Solch charakterstarke Bretter schnitzen die niedersächsischen Schreiner im kompakten Drei-Minuten-Rhythmus. Kein Sample-Schnickschnack, wie er in Deutschland noch vor wenigen Jahren auf jedem harten Gitarrenrock-Album zu finden war. Die obligatorische Schönwetterballade? Nix da. Das brodelnde "I Would Swear If I Could" senkt zwar kurz den Lautstärkepegel. Die deprimierten Texte bilden aber einen krassen Kontrast. Der Sänger hisst die Flagge der Desillusion, plakative Schönheit ist seine Sache nicht.

Lieber eine doppelte Portion Nihilismus. "About This Ride" reißt ungezogen an den Haaren: "You're looking for a big love? You're looking for sunshine? You oughtta have sunshine till you bleed!" Mit weit aufgerissenen Guckern grinst Stimmbandschänder Maze dem Hörer seiner fiesen Botschaft entgegen. Wenn für Union Youth langweilige Jahre so sehr nach Schleuderwaschgang klingen wie auf diesem Album, möchte ich nicht dabei sein, wenn die Party aus dem Ruder läuft. "Dressed Like Dolls" merkt man deutlich an, wer hier produziert und gemixt hat (Hives-Mischer Michael Ilbert bzw. Fireside-Gitarrist Pelle Gunnerfeldt). Skandinavischer Rock'n'Roll steht auf dem Puppenständer. Und auch die Exzentrik Craig Nicholls' schimmert durch.

Es liegt weder an mangelndem Songwriting noch schlechtem Sound, wenn die Jugendfront trotzdem nicht Dauergast in Radioland wird. Das Problem ist schlicht verfehltes Timing. Grunge liegt lange begraben, und auch wenn "The Boring Years" alles andere als untot klingt: Bis die Retromanufakturen das Genre wiederkäuen, dürfte es noch einige Jährchen dauern. Die Platte gibt jedenfalls Anlass zur Hoffnung, dass Union Youth bis dahin noch nicht aufgegeben haben. Die können nämlich noch besser als gut.

Trackliste

  1. 1. Yeah
  2. 2. About This Ride
  3. 3. Sweet Song
  4. 4. Back In The Sun
  5. 5. Dressed Like Dolls
  6. 6. I Would Swear If I Could
  7. 7. Request
  8. 8. Laburnum
  9. 9. Chinahead
  10. 10. Migratory Bird
  11. 11. Straight And Narrow

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