laut.de-Kritik
Depeche Mode + Yazoo = Goa.
Review von Martin TenschertDie Namen Vince Clarke und Martin Gore lassen jeden Synthiepop-Fan frohlocken. Depeche Mode und Yazoo gehörten und gehören zu den stilbildenden Formationen.
Selten gelang es einer Band, so viele konstant gute Alben zu produzieren wie im Falle Depeche Mode. Neben-Projekte gelten für viele Künstler als perfekte Spielwiese, um ihre musikalischen Neigungen und Vorlieben abseits des Hauptprojektes auszuleben. Dave Gahan und Martin Gore waren schon öfter solo unterwegs. Vince Clarke kennt man ohnehin als variantenreichen Musiker. Da der Supertechno-Produzent Rex The Dog im Depeche Mode-Umfeld anzusiedeln war und Gore selbst elektronischer Musik auch auflegt, ist die Überraschung nicht allzu groß, dass Clarke und Gore sich zu VCMG zusammengetan und das Album "Ssss" erfrickelt haben.
Den Titel könnte man als lautmalerische Reminiszenz an das beliebte White Noise-Geräusch verstehen, das im Techno und House gerne zum Einsatz kommt. Auf dem Cover belauern sich hingegen zwei Schlangen, vielleicht eine Metapher für die Arbeitsweise, bei der sie sich die Wahlamerikaner Files übers Netz hin und her gezischt haben?
Wenn man die Namen der Protagonisten im Hinterkopf behält, wird es schwer, die hohen Erwartungen zu erfüllen. Genauso ist es dann auch: Handwerklich ordentlicher Techno bollert da aus den Boxen, sauber abgemischt, aber auch sehr kalt und digital anmutend. Letzte Ausfahrt Goa. Eine dunkle und bedrohliche Stimmung zieht sich durch die Stücke. "Lowly" erinnert dabei mit seinen Quetsch-Synthies an den musikalischen Neffen "Rex The Dog". Typische Track-Strukturen mit vorhersehbaren Aufbaumustern lassen den Hörer schnell erahnen, was auf ihn zukommt. "Windup Robot" bildet eine Ausnahme. Recht angenehm wirre Ansammlung von Tönen, das.
Die Tracknamen erscheinen uninspiriert und klingen nach Arbeitstiteln ("Bendy Bass"), aber Namen sind ja bekanntlich nur Schall und Rauch. Beim Sound wäre mitunter weniger mehr gewesen: Allzu nervig dröhnen und quietschen all die VCMG-Plugins ("Aftermaths"). Man wähnt sich mit all den Bleeps und Blonks fast in einer Spielhölle in Shibuya. "Flux" hat hingegen den typischen 90er 2-Unlimited-Bass mitlaufen. Nichtsdestotrotz haben die beiden das clever arrangierte Stück mit einer simplen aber eingängigen Synthie-Melodie versehen.
Die Stücke kommen allesamt recht schnell daher. Das mutet in Zeiten von Low House unter 120 Bpm wie ein mutiges Unterfangen an, aber das ehrt VCMG. Gore und Clarke haben es nicht nötig, sich Trends anzupassen. Mit zugegebenermaßen zackigen Ausbrüchen wie "Zaat" geraten sie aber auch nicht in die Verlegenheit, welche zu setzen. Künstler wie etwa Digitalism haben in diesem Genre in den letzten Jahren längst das Revier abgesteckt.
Vince Clarke und Martin Gore gehören sicherlich zu den wichtigen Musikschaffenden der letzten Jahrzehnte. "Sssss" taugt im Vergleich zum Rest
ihres Outputs aber eher zur Randnotiz mit einigen funkelnden Technokristallen ("Spock").
3 Kommentare
Bei der Rezension hat man das Gefühl, dass dem Rezensenten überhaupt nicht bewusst ist, dass sich hier zwei Gründungsmitglieder von Depeche Mode zusammengetan haben und dass Vince Clark vor Yazoo eine Vergangenheit hat...Unfassbar...:-)
Mal sehen ob irgendein Album, dass mit Depeche Mode zu tun hat noch mal mehr als drei Punkte bekommt. Auch wenn man hier sicherlich nicht viel zu deuteln hat, ich denke drei Punkte sind okay. Aber ich hoffe Martin mottet jetzt seine 80er Maschinen ein und wendet sich moderneren Sounds zu.
einfallslosen album...die tatsache, dass die beiden gründungsmitglieder von dm sind, macht die sache auch nicht spannender.