laut.de-Kritik

Der Letzte im Club.

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Keine drei Monate ist es her, dass Van Morrison mit "Roll With The Punches" den Größen des Blues huldigte und nebenher seiner eigenen Diskographie das nächste qualitative und kommerzielle Highlight hinzufügte. Doch statt erstmal kräftig durchzuatmen und sich Zeit für ein entspannendes Eisbad zu nehmen, betritt der Nordire gleich die nächste Bühne.

Diesmal auf der persönlichen Gästeliste: Frank Sinatra, Chet Baker, Tony Bennett und viele mehr, deren Songs oder Interpretationen heute zum Kulturschatz amerikanischer Song- und Dancemusic gehören. Dass Van Morrison trotz der kurzen Pause zwischen den Alben nicht minder ambitioniert vorgeht, lässt sich auf den Beginn seiner musikalischen Laufbahn zurückführen. Der Jazz, so Morrison, habe ihn in jungen Jahren erst zum Singen motiviert.

Und tatsächlich, das Alter ist dem ewigen Grantler gar nicht anzumerken. Die Songs klingen frisch, und der Spaß während der Aufnahmen ist der Band spürbar anzumerken. Gerade der Chef selbst lässt sich nicht lumpen: Die einzelnen Arrangements verlangen ihm als Sänger alles ab, wenngleich er die Aufgabe souverän löst.

Dabei knüpft Van Morrison an die Strategie des Vorgängers an: Etabliertes und auch Eigenes geht ineinander über. "Broken Record", der einzige aus der Feder des Meisters stammende Song, ist dabei der swingende Einstieg in "Versatile", in dem es um eine nicht enden wollende Party geht. Die Vorbereitung auf den musikalischen Ruhestand klingt jedenfalls anders :"Take it to the break / Make no mistake / Stay awake / Whatever it takes".

Der Versuch, den Flow des Vorgängers mitzunehmen, gelingt ihm aber nur in Teilen, zu routiniert fällt das Ergebnis unterm Strich aus. Dass sich dennnoch alles harmonisch zusammenfügt, bleibt seiner mehr als 50-jährigen Berufserfahrung geschuldet. Punktete "Roll With The Punches" vor allem durch die tänzelnde Angriffslust eines Al, bleiben die Überraschungen nun weitestgehend aus.

"Versatile" klingt vielmehr wie der elegante Abgang aus einem sehr erfolgreichen Jahr Van The Mans. Als Letzter steht er in der Tür des leeren Clubs. Ein abgekämpftes, aber zufriedenes Lächeln huscht ihm übers Gesicht. Dann knipst er das Licht aus und verschwindet in die kalte Dezembernacht. Bis nächstes Jahr, alter Mann!

Trackliste

  1. 1. Broken Record
  2. 2. A Foggy Day
  3. 3. Let's Get Lost
  4. 4. Bye Bye Blackbird
  5. 5. Skye Boat Song
  6. 6. Take It Easy Babe
  7. 7. Makin' Whopee
  8. 8. I Get A Kick Out Of You
  9. 9. I Forgot That Love Existed
  10. 10. Unchained Melody
  11. 11. Start All Over Again
  12. 12. Only A Dream
  13. 13. Affirmation
  14. 14. The Party's Over
  15. 15. I Left My Heart In San Francisco
  16. 16. They Can't Take That Away From Me

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