laut.de-Kritik
Expressives Songwriting zwischen Aufbegehren und Zärtlichkeit.
Review von Martin LeuteSeit ihrem Debüt "Spoons" aus dem Jahr 2007 spielt sich die irische Singer/Songwriterin Wallis Bird mit rockinfiziertem Folkpop in die Herzen einer stetig anwachsenden Hörerschaft. Mit dem musikalisch wuchtigen wie unkonventionellen "New Boots" (2010) holte sie sich einen Meteor Ireland Music Award.
"Wallis Bird" schlägt nun keinen neuen Weg ein, offeriert aber eine leicht veränderte Gangart. Nach wie vor strotzt die Musikerin vor Spielfreude, stilistischer Wandelbarkeit und einer überzeugenden Gesangsstimme, die mühelos zwischen eindringlichem Säuseln und aggressivem Aufbegehren zu pendeln vermag. Aber dem lustvollen Überschwang und der flirrenden Unruhe ihres Sounds stehen nun weitaus mehr Momente des Innehaltens und der Nachdenklichkeit gegenüber.
Raue Stücke wie "I Am So Tired Of This Line", "Encore" und "Who's Listening Now?" vereinen Gitarren- und Synthie-Elemente, über denen Birds aufbegehrender Gesang den Unannehmlichkeiten des Daseins energisch trotzt. Daneben überzeugt die Sängerin mit sich melodramatisch zuspitzenden Midtempo-Nummern ("Ghosts Of Memories", "In Dictum") oder verleiht ihrer musikalischen Hommage an die Wahlheimat London ("Heartbeat City") mit weltmusikalischen Anleihen einen heiterer-beschwingten Charakter.
Ihre größte Ausdruckskraft erreicht Wallis Bird mit ihren sanft aufwühlenden Songs, die sie in feinsinnige und vielseitige Arrangements bettet. Dann prägt die perlend gezupfte Akustische ihre Lieder, die sie effektvoll mit verhuschten Pianoläufen, Glockenspielen und Bläsern ausstaffiert ("Dress My Skin And Become What I'm Supposed To", "But I'm Still Here") oder mit weichen Rassel-Rhythmen unterlegt ("Feathered Pocket").
Großen Anteil am Ergebnis hat die ungeschliffene, lebendige Produktion, die der emotionalen Unmittelbarkeit der Songs den richtigen Rahmen bietet. Wallis Bird ist auf dem richtigen Weg, die neuen Stiefel drücken nicht mehr.
3 Kommentare
Hey Leute, großes Lob und dann nur drei Sternchen???
Klingt doch nach mehr!
jau, das war glaube ich bei den Vorgängern ähnlich... wird auf jeden Fall gekauft! Vor allem live angucken, da ist die Dame 'ne Wucht (und zudem demnächst im Lande unterwegs)
Eigentlich ein schönes Album, wächst mit mehrmaligem Hören. Allerdings bekommt es von mir einen vollen Stern Abzug, da die Aufnahmequalität so schlecht ist. Ich habe Wallis in einem Interview erzählen hören, dass sie die meisten Songs "on the road" mit tragbarem Equipment aufgenommen habe, aber trotzdem muss man die Musik dann am Ende nicht so grottig abmischen! Das Album klingt über weite Strecken einfach verwaschen und hat klanglich keine Klarheit. Schade um die großartige Stimme und interessante Instrumentierung.
Und was heute eigentlich gar nicht mehr geht (in Zeiten von digitalen Downloads): Das letzte Stück (das schwächste des Albums) hat einen versteckten Track nach ein paar Minuten Stille hintendran hängen. Völlig daneben!
Aber trotzdem: Es lohnt sich, das Album zu hören, denn es hat einige wirklich hervorragende Stücke - mein Favorit ist "In dictum"