laut.de-Kritik
Zwischen Bettlaken und Nachtkommode: Das Chillwave-Aushängeschild.
Review von Anne NußbaumDem Künstlernamen Washed Out ist kaum mehr hinzuzufügen, will man den Sound von Ernest Greene beschreiben. Verwaschen, unbestimmt, schemenhaft - in diesen Adjektiven erschöpft sich die Beschreibung dessen, was der Junge aus Georgia mithilfe von Laptop, Synthesizer, Percussions und Drummachine produziert.
Wie schon vielen jungen Künstlern diente auch ihm das Schlafzimmer als Studio und Kreativquelle: Zwischen Laken und Nachtkommode begann er im Sommer 2009, Songs zusammenzufrickeln.
Der Sprung vom heimischen Bettlager ins Bewusstsein der Blogosphäre ist schnell geschafft: Nach zwei EPs wartete man fast zwei Jahre sehnsüchtig auf das erste Album des zum Aushängeschild des Chillwave geadelten Greenes.
Hipster-Organe aller Welt lecken sich nun die Finger nach "Within And Without". Das zum Albumtitel erhobene Credo seines Longplayer-Debüts subsumiert Greenes Ton gewordene Gefühlswelten. Es führt Introspektion mit schönen, reinen Melodien zusammen. Mehr noch: Gerade durch die empfindsame Innenschau legt der Künstler unscharfe elektronische Klänge frei, die sich zu einem weichen Sound zusammenfügen.
Undurchsichtig und verblichen wie Synthie, Streicher und Percussions auf "Far Away", "Echoes" oder "Soft" sind auch die Lyrics: Der Gesang ist mehr Teil des Instrumentariums als Mittler einer klaren Botschaft. Kaum verständlich, verweigert sich Greene deutlichen Inhalten, weckt dafür jedoch Ahnungen von Gefühlen, die von Sehnsucht bis Euphorie reichen.
Die Wurzeln im Shoegaze, die Chillwave-Trademarks fest im Blick, verschmilzt Washed Out Effekte und Loops zaghaft ineinander. Stellenweise kratzt er an der Kitsch-Patina, wenn "Amor Fati" zur hymnenartigen 80s-Hommage anwächst oder "You And I" mit wenig subtil hingehauchtem Seufzen auf Jane-Birkin-Erotik referiert.
Trotzdem sind solche fast käsigen Momente wunderbar in die warme Melancholie der Songs eingearbeitet: Die Emotionen, die Greene in seine Stücke legt, sind meist nicht plakativ zur Schau gestellt, sondern schimmern verstohlen durch seinen vagen Elektronika-Dreampop hindurch.
Das Debüt ist von einer Intimität und Dichte, von einer stillen Leidenschaft und traurigen Schönheit, die nicht nur im Sound zum Tragen kommt. Auch Songtitel und Textfetzen, sofern sie sich nicht der Verständlichkeit entziehen, erzählen von Begehren, Fernweh und Sehnsucht - Zustände, die positive wie negative Gefühle einschließen.
Das gleichbleibend runtergefahrene Tempo der Mehrzahl der Stücke, die Repetition von Melodiemustern ruft das Gefühl der Unwirklichkeit einer langen Zugreise hervor. Mit dahindämmerndem Blick starrt man aus dem Fenster hinaus auf vorbeziehende Landschaften, deren Formen und Farben sich eigentümlich, wie im Traum wiederholen.
Diese anziehende Monotonie, die stetige Wiederkehr in Rhythmus, Dynamik und Harmonie zu verhalltem, hintergründigem Gesang setzen den Washed Out-Sound in ein diffuses Licht, das die Halbwertzeit des Genres Chillwave um einiges verlängern dürfte.
2 Kommentare
find's ziemlich plakativ. ein weiteres dieser absolut überhypten indie alben.
überhypte?wo das denn?einfach gut....hier sollte kein burner erzeugt werden.gut ist es trotzdem.