laut.de-Kritik

Die Band vergeht sich an Vivaldi.

Review von

Ach, Weezer. Anfang 2021 haben die ewigen College-Punks mit "OK Human" scheinbar doch endlich den Abschluss geschafft und mal wieder ein Album vorgelegt, das wirklich - ja, wirklich - frisch klang. Klassisches Weezer-Songwriting zwar, aber in neuem Gewand. Untermalt von Orchester-Instrumentation klang es erstaunlich erwachsen, als Rivers Cuomo typische Rivers Cuomo-Sachen wie "All my favorite songs are sad and slow" sang.

Noch im selben Jahr ließen die Amerikaner einen dann mit "Van Weezer" wieder etwas ratlos zurück: Konnte man das noch als Hommage an Hard Rock und Heavy Metal durchgehen lassen oder machten Cuomo und Kumpels sich hier über 80er-Rock lustig? Schließlich klang Weezer auch mit ein bisschen mehr Zerre und dem ein oder anderen Gitarren-Solo mehr immer noch vor allem nach Weezer. Keine andere Band hat es so gut raus, in einer solchen Regelmäßigkeit zu enttäuschen und zu überraschen, dass man bei jedem Release ein bisschen zittern muss.

2022 wollen Weezer uns nun das ganze Jahr über begleiten, mit einem EP-Zyklus den sie "SZNZ" getauft haben, so wie hippe, ewig junggebliebene Leute ihre Wörter eben abkürzen. Die Songs der vier EPs entstehen über das Jahr hinweg. Gerade erst fertig geworden ist demnach die erste der Seazonz, "Spring" und sie erscheint passenderweise am Tag der Frühlingssonnenwende. Sie verbindet auf seltsame Art und Weise die guten Seiten von Weezer mit unterhaltsamem Cringe. Denn ihren Jahreszeitenzyklus eröffnen sie direkt mit einer Interpolation von Antonio Vivaldis "Vier Jahreszeiten". Auch wenn man sich sicher ist, dass das gegen irgendwelche Musikgesetze verstößt, die man nur gerade nicht parat hat, birgt das einen gewissen trashigen Charme. "Shakespeare makes me happy, so happy", trällert Cuomo in "Opening Night" immer wieder auf Vivaldis Melodie, bevor der Song in den gewohnten Schrammel-Sound kippt.

Beeinflusst ist das Album von "Magie, heidnischen Mythen, religiösen Ritualen (...) & mehr (so viel mehr)", lassen Weezer in einer Pressemitteilung wissen. Tatsächlich wirken die Songs auf "Spring" oft, als hätte sich die Band vom Trend des "Bardcore" inspirieren lassen, in dessen Rahmen in den letzten Jahren Popsongs in Mittelalter-Folk-Ästhetik neu interpretiert wurden. Die Gitarren klingen diesmal oft wie Lauten, dazu kommen perkussive Elemente wie Schellenkränze und Trommeln, mit denen man sonst eher in Historienfilmen in Kontakt kommt. Die Kombination dieser anachronistischen Elemente mit dem typischen Powerchord-Geschrubbel gelingt unter der Produktion von Jake Sinclair, Ethan Gruska und Suzy Shinn erstaunlich gut.

Lediglich "Sound Of Drums" lehnt sich anfangs zu stark in diesen Medieval-Klang, gerät dann im Mittelteil leider etwas zu generisch. "The Garden Of Eden" bleibt etwas zu seicht und gefällig. Die restlichen fünf Stücke können aber allesamt überzeugen. "Angels On Vacation" ist ein launiger, recht straighter Weezer-Track, der in all seiner Einfachheit zeigt, was Cuomo und seine Kapelle immer noch liefern können, wenn sie wollen: Pop, der auf Anhieb ins Ohr geht, aber genug Rock-Appeal hat, um Leute, die mit Pop sonst nichts zu tun haben wollen, abzuholen.

"A Little Bit Of Love" klingt wie eine leichte Frühlingshymne, die tatsächlich die Unbeschwertheit der Jahreszeit einfängt. "All This Love" und "Wild At Heart" bringen die EP lässig und gut aufgelegt zu einem recht runden Ende.

Lyrisch bleibt Cuomo klar und auch teilweise recht seicht, etwa in "A Little Bit Of Love", in dem er ziemlich banal die belebende Funktion der Liebe besingt. An anderer Stelle, in "The Garden Of Eden", streut er aber auch gewitzte Zeilen wie "I haven't felt this good since Velcro sneakers came along" ein. Man kann also aufatmen: "SZNZ: Spring" ist eine erste gelungene Veröffentlichung, die, wenn auch nicht komplett, hoffnungsvoll auf die restlichen Jahreszeiten stimmt.

Trackliste

  1. 1. Opening Night
  2. 2. Angels On Vacation
  3. 3. A Little Bit Of Love
  4. 4. The Garden Of Eden
  5. 5. Sound Of Drums
  6. 6. All This Love
  7. 7. Wild At Love

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