laut.de-Kritik
Trotzköpfchens Sinnsuche.
Review von Artur SchulzMan darf zur Einschätzung des brandneuen Helden-Albums manch älteren Song als Stichwortgeber heranziehen. Zum Beispiel "Wenn Es Passiert", denn genau das ist geschehen: die Helden sind inzwischen gleich zweimal Mama und Papa geworden.
Babypause ist das Todeswort. Purzeln erstmal Kreischblagen in den wohlsortierten Alltag, liegt jeder noch so ambitioniert gestaltete Lebens-Vorrest oft in Trümmern. Der Rock'n'Roll, Essenz des wahren Lebens, verflüchtigt sich. Erfreulicherweise nicht gänzlich im Falle der Berliner Helden, auch wenn lautstarke Reklamationen auf offener Straße in linksgefärbte Bürgerlichkeit im stets warm beheizten Salon übersiedeln.
Die Songs präsentieren sich abwechslungsreich und fingerfertig. Sehr handgemacht, die großen Synthie-Einlagen der Vergangenheit finden nicht statt. "Alles" am Start ist Programm: da wollen die Helden musikalisch gleich allerlei hereinpacken, die bewusst vertrackte Nummer gewinnt mit zunehmder Spieldauer immer mehr an Klasse.
Beschwingt und tänzerischer gibt sich "Was Uns Beiden Gehört". Lyrics und Musik arbeiten gleichermaßen mit Eingängigkeit wie Verschachtelung, das aber stets sehr relaxt. Es hat sich allerlei angestaut in den vergangenen Jahren, was hinaus will in die Welt. So ist "Bring Mich Nach Hause" ein ziemlich mitteilsames Album (böse Zungen mögen es als geschwätzig bezeichnen).
"Meine Freundin War Im Koma Und Alles, Was Sie Mir Mitgebracht Hat, War Dieses Lausige T-Shirt" überzeugt nicht nur mit seinem auffallenden Titel. "Die Ballade Von Wolfgang Und Brigitte" punktet textlich und kompositionstechnisch als treffend beobachtetes Beziehungskisten-Drama in Zeiten des Gender Mainstreaming. Dank gestopfter Trompete lungert der "Dramatiker" sogar in der Jazz-Ecke herum. Als Prolog zu "Die Träume Anderer Leute" säuselt Judith das "Schlaf Kindchen Schlaf"-Liedchen.
Mit druckvollem Schlagzeug und angenehm entschlackten Song-Aufbau bietet die Nummer eine unterhaltsame Auseinandersetzung mit ewigen Lebens-Themen. "Du nennst es Weltschmerz / ich nenn es Attitüde", singt Judith später, und bringt damit das Album schon auf einen gewissen Punkt.
"Bring Mich Nach Hause" ist mit Helden-typischer Verschrobenheit und allerlei Text-Bonmots stimmig geraten. Judith Holofernes befindet sich zwar immer noch auf Trotzköpfchens Sinnsuche. Doch nur kämpfen im bösen Draußen ist auf Dauer nicht schön. Man will auch mal nach Hause kommen. Und da haben es sich die Helden 2010 recht behaglich eingerichtet.
28 Kommentare
Endlich neues von den Helden wurde auch Zeit!
die helden galten mal als aussichtsreiche gruppe und jetzt so eine kritik. heißt nichts gutes für das neue album. bin jedenfalls gespannt!
Ich bin wirklich gespannt drauf!
Das Album ist Klasse.. "Die Ballade von Wolfgang und Brigitte" oder "Dramatiker" sind fabelhaft.. und das geniale "23:55" is super in Live und auf CD ..
ha ha! was für eine kritik: "Babypause ist das Todeswort. Purzeln erstmal Kreischblagen in den wohlsortierten Alltag, liegt jeder noch so ambitioniert gestaltete Lebens-Vorrest oft in Trümmern." Kann der Autor keine Kinder kriegen? Oder hat er welche und kommt nicht klar damit?
peinlich peinlich...
P.S. Interessanterweise scheint sich das durch Herrn Schulzes Rezensionen wie ein roter Faden zu ziehen, auch bei Giana Nanini:
"der Wechsel weg von hoher Rock-Oktanzahl hin zu Babyfläschchen-Kompatibilität fällt unüberhörbar aus" ??? Herr Schulz, Weniger Klischees, mehr konkrete Musik-Kritik bitte!