laut.de-Kritik

In nur fünf Minuten von der Proglegende zur Schlagercombo.

Review von

Nachdem Yes mit "Fly From Here" das bis dato mieseste Album ihrer Karriere ablieferten, erfolgt mit "Heaven & Earth" der totale Reset. Man erkennt sie kaum wieder. Der neue Sänger Jon Davison erweist sich als Glücksgriff. Alle Zeichen stehen weniger auf Prog; mehr auf auf Pop.

Auf dem Papier sieht alles erst einmal trügerisch gut aus. Jon II passt mit seiner flirrenden Koloratur wunderbar in die Fußstapfen Jon Andersons. Die grässlichen Trevor Horn-Überbleibsel der letzten Platte sind endlich den verdienten Weg alles Irdischen gegangen. Und das frische Teammitglied findet sich als vollwertiger Charakter von den alten Hasen aufgenommen.

Unter dem kompositorischen Einfluss Davisons erteilt man den Fans großer Werke wie "Fragile" oder den "Tales From Topographic Oceans" weitgehend eine Absage. Überwiegend fluffig und harmlos perlt Lied für Lied aus den Boxen. Das muss keine Schwäche sein. Trevor Rabin hat seinerzeit nicht nur mit "Owner Of A Lonely Heart" oder "Changes" gezeigt, wie geschickt man den Yes-Sound auf den Punkt bringen kann. Doch genau diese Pointierung fehlt den meisten Liedern leider auf dieser 21. LP.

Es ist ein wenig wie mit einer Pralinenschachtel: Man weiß nie, ob der jeweilige Song Spektakel oder Debakel wird. Der Opener erfüllt seinen Zweck, den Neuen am Mikro seine große Bandbreite zeigen zu lassen. Haut aber noch nicht vom Stuhl. Ab Song Nr. 2 setzen sie dem Hörer dann die Eigängigkeitspistole auf die Brust. Produzent Roy Thomas Baker (u.A. "Sheer Heart Attack" von Queen) ist keine Hilfe.

"In A World Of Our Own" klingt ein wenig zu sehr wie ein "Killer Queen" Ripp Off. Das geht nicht mehr als Selbstzitat durch, sondern als Ideenlosigkeit. Andere Momente erinnern gelegentlich an Supertramp oder das Alan Parsons Project der 80er ("It Was All We Knew"). Nur eben nicht an Yes. Finde den Fehler!

"Step Beyond" kommt mit dem denkbar fiesesten Soßenkeyboard seit "Jump" und "Why Can't This Be Love" angeschickert. Bedauerlicherweise ohne deren musikalische Inspiration. Dazu dann noch eine schleimig heruntergeleierte Gesangsmelodie für den Gerontentisch im Seniorenstift Sarkophag. Wird das noch schlimmer?

Aber klar! "To Ascend" rollt dem Publikum einen schicken Gitarrenteppich aus, nur, um alles in klebrigstem Shoppingkanal-Gedudel zu ertränken. Von der Proglegende zur Schlagercombo in knapp fünf Minuten. Kein guter Scherz!

Als man schon alle Hoffnung auf ein wenig Hörgenuss aufgeben möchte, wachsen sie mit dem letzten Track unerwartet lässig über das gerade angerichtete Desaster hinaus. "Subway Walls" ist ein großartiges Ausrufezeichen und der vielleicht beste Track seit vielen Jahren. Komplexität trifft groovy Ausgelassenheit. Jedes Instrument glänzt in kontrastreichen Klangfarben. Dazu ein entfesselter Davison, der das schöne Lied in echter "Keys To Ascension" Manier eintütet.

So irritieren Yes einmal mehr. Inmitten großen Kitsches und aufgeblasener Pop-Imitate auf einmal zum Finale die grandiose und Mut machende Wiedergeburt ihrer sinnlichen Rhythmusorgien. Sollten sie an diesen Punkt anknüpfen, darf man sich zumindest auf die nächste Platte uneingeschränkt freuen.

Trackliste

  1. 1. Believe Again
  2. 2. The Game
  3. 3. Step Beyond
  4. 4. To Ascend
  5. 5. In a World of Our Own
  6. 6. Light of the Ages
  7. 7. It Was All We Knew
  8. 8. Subway Walls

Preisvergleich

Shop Titel Preis Porto Gesamt
Titel bei http://www.amazon.de kaufen Yes – Heaven & Earth €21,29 €3,00 €24,29

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Yes

Yes spielen Artrock. Die Band entsteht 1968 in London, als der Sänger/Gitarrist Jon Anderson (geb. 25. Oktober 1944) und der Bassist Chris Squire (geb.

11 Kommentare mit 53 Antworten

  • Vor 10 Jahren

    Das ist eigentlich ganz einfach: Die sind mit neuem Sänger einfach scheiße. Relayer ist aber ne geile Platte und die Herren Howe und Squire sind gute Musiker. Gates of Delirium

  • Vor 10 Jahren

    Der Sänger ist aber auch gut scheiße abgemischt auf der Platte. Live klang das nicht so katastrophal. Als Songwriter taugt er aber offensichtlich wenig.
    Das Album ist natürlich scheiße, da sind sogar Open your eyes usw. besser. Subway walls ist in Ordnung, der Rest ist mit belanglos und langweilig noch wohlwollend beschrieben. Downes ist ein absoluter Schädling an den Tasten und White taugt auch nichts. Was wünscht man sich da Bruford und Moraz oder Wakeman zurück...

    • Vor 10 Jahren

      Warum auch immer du dir die in der Konstellation live angeguckt hast. :confused:

    • Vor 10 Jahren

      War eigentlich ok. Die haben ja Yes Album, CTTE und Going for the one komplett gespielt, das kann man sich schonmal geben.

    • Vor 10 Jahren

      Meh. Ich üb jetzt mal ein paar Smileys, da das Album sowieso keine Sau interessiert kann ich das ruhig machen :D
      :) :( :smoke: :lol: :confused: :beer: :shit: Mir fällt keiner mehr ein. Torque, wo bist du ?

    • Vor 10 Jahren

      Ich kenn von Yes im übrigen nur Long Distance Runaround, Roundabout (welche ich gut finde) und eine handvoll Songs die ich scheiße finde. Eigentlich krass, dass die immer noch unterwegs sind. Wahrscheinlich das Line Up in der Zwischenzeit doppelt und dreifach komplett ausgetauscht. (Gab es nicht mal zwei Bands, die von sich behauptet haben, die wahren Yes zu sein?)

    • Vor 10 Jahren

      Die Smileys kann ich nicht. schreib mal ne Anleitung rein. :wurst:
      Nicht das ich wüsste, verfolge Yes aber nicht wirklich. Wie gesagt, die drei Herren find ich gut, aber der Output ist so meh.

    • Vor 10 Jahren

      suspect rayed wusrt (sic!) jeweils mit Doppelpunktumrahmung

      wikipedia:
      "Es folgte die wohl kurioseste Episode der Bandgeschichte: Jon Anderson versammelte die ehemaligen Yes-Mitglieder Steve Howe, Bill Bruford und Rick Wakeman um sich, um ein neues Album aufzunehmen. Gleichzeitig jedoch probten Trevor Rabin, Chris Squire, Tony Kaye und Alan White weiter. Somit existierten zwei Bands, die beide von sich behaupten konnten, Yes zu sein. Es gab einige Auseinandersetzungen vor Gericht hinsichtlich des Bandnamens. Die Namensrechte an Yes lagen allerdings bei Chris Squire, der diese auch nicht hergeben wollte, weshalb das 1989er-Album der Musiker um Howe als "Anderson Bruford Wakeman Howe" veröffentlicht werden musste."

    • Vor 10 Jahren

      Ach die Sache, ja doch, stimmt. Hatte das wohl falsch verstanden . Danke

    • Vor 10 Jahren

      :hiss: nicht vergessen, moody

    • Vor 10 Jahren

      copypaste ist übrigens die beste Anleitung ;)

    • Vor 10 Jahren

      @Ulf, das ist wohl dein Liebling, was? Haben wir auch ein bisschen Knoblauch oder ein Kruzifix? :D

  • Vor 10 Jahren

    Verstehe nicht so ganz, warum “Fly From Here“ hier so schlecht gemacht wird, ich finde das war ein ziemlich starkes Album.
    Das neue Album ist nach den ersten Höreindrücken aber eher so, wie in der Rezension beschrieben.
    Trotzdem bleiben YES natürlich Legenden mit mindestens vier Alben für die Ewigkeit im Katalog.

    • Vor 10 Jahren

      Weils Rotz ist? Legenden sind sie allerdings. Die vier Alben sind meiner Meinung nach: Relayer, Fragile, The Yes Album (the clap is brilliant!) und close to the edge.

    • Vor 10 Jahren

      Ich bin ja einer der nicht so zahlreichen Fans von Big Generator und 90125, aber wie schon im Vorchecking gesagt: Die neue Platte ist nüscht.

    • Vor 10 Jahren

      Ich finde “Fly From Here“ echt ganz gut, wenn das Rotz ist, dann ist es eher Gourmetrotz.
      Für mich wären die Meisteralben “Close To The Edge, The Yes Album, Fragile, 90125 und Going For The One“. Also sind es dann doch mehr als vier.